Totholz wird im Frühjahrslicht lebendig

Das war schon ein richtiger Sommertag, der uns in einer Phase des Frühlings vergönnt war, die von starken Wechseln geprägt ist. So wird das nicht anhalten, sondern erst nach Abkühlungen und Sturm wieder in einen angenehmen Frühling und Frühsommer übergehen. Aber heute war das Licht schon fast hochsommerlich, was viele Menschen nach draußen gezogen hat. Die Baumlandschaft befindet sich derzeit im Übergang. Die Weißdornhecken wappnen sich für ihren großen Auftritt und halten ihre zahlreichen Blüten noch geschlossen, gewissermaßen startbereit, vielleicht die noch kommende Kühle vorausahnend und deshalb vorsichtig. Andere wie die Pfaffenhütchen haben sich nicht abhalten lassen und blühen dieses Jahr wieder sehr heftig, was entsprechend viele bunte Früchte im Spätsommer erwarten lässt. Aber wie immer an so himmeloffenen und lichtreichen Tagen sind es die Holzoberflächen und Holztexturen, die besonders eindrucksvoll wirken. Da konnte ich eine Reihe von Fotografien machen, u. a. von den Relikten des abgestorbenen und inzwischen schon auseinandergebrochenen alten Eichenstamms unten am tümpelartigen Nebengewässer des Flusses. Vor Jahren war er schon Totholz, aber noch als geschlossene Stammform erkennbar – Motiv meiner ersten Ausstellung mit Holzskulpturen. Jetzt liegen viele abgebrochene Einzelteile von einem Teil des Stamms rundum verstreut und werden immer mehr von den viele Organismen, die dort im und um das Totholz leben, zersetzt. Eine morbide Ästhetik besonderer Art, die im Sonnenlicht schon wieder Lebendigkeit ausstrahlt.

Totholzabschnitt von einem Eichenstamm I
Totholzabschnitt von einem Eichenstamm II

Neues Vanitaskonzept mit Physalis

Eine erkennbar bessere Qualität als in den beiden Vorjahren war bei dem diesjährigen Traditionsmarkt zu erkennen. Und viele interessante Objekte aus früheren Zeiten, angesichts derer man jedes Mal kleine gedankliche Zeitreisen unternehmen kann. Für M. und V. ist daraus immerhin ein vorgezogenes Jubiläumsgeschenk herausgekommen, und das in Vs Abwesenheit. Aber ich denke, dass letztlich alle sehr einverstanden sein können mit der Auswahl. Neben diesem vordergründigen Sonntagsprogramm war es vor allem, die spontane Akzeptanz meiner neuesten Vanitas-Symbolfotografien, die mich heute besonders gefreut und auch zu weiteren Projekten dieser Art motiviert hat. Ausnahmsweise kein Baummotiv, sondern eben die verwitterten Kelchblätter der Physalis, die in der Form bei shutterstock und bigstock angenommen wurden, wie ich sie im Baumtagebucheintrag vom 03.10.2016 bereits abgebildet habe. Dazu noch eine Variation mit ebenfalls drei Physalisblasen, die drei Verwitterungszustände widergeben, von einem Exemplar mit noch fast geschlossener Haut über eines mit brüchiger Hülle bis zu einem, das nur noch aus dem Fasergerüst besteht. Dieses zweite Motiv bringt die Vanitassymbolik noch deutlicher zum Ausdruck. Also diesmal keine auf die Bäume bezogene Symbolik, aber eben doch eine, die an die Zeichenhaftigkeit des Herbstes geknüpft ist. Vor zwei Jahren war mir eine ähnliche Bildaussage mit verschiedenen Kombinationen herbstlicher Weinlaubblätter gelungen, die ich vor dem Hintergrund antiquarischer Buchdeckel platziert hatte. Ein Bild, dessen Symbolqualität fast ausschließlich aus der natürlichen Form selbst heraus erkennbar wird, ist in meinem Portfolio zunächst einmal neu. Die künstliche Manipulation beschränkt sich hier auf das Separieren der einzelnen Hüllen und die Platzierung vor einem nur für Eingeweihte identifizierbaren Hintergrund.

Vanitas-Konzept

Das fotografische Konzept mit altem Buchcover und herbstlichem Laub habe ich heute noch einmal überarbeitet und verschiedene Varianten getestet. Zudem habe ich es inhaltlich weiterentwickelt. Während des Erstellens von Varianten und der Arbeit am Detail ist mir der Begriff Vanitas in den Sinn gekommen. Später tauchte in diesem Zusammenhang auch der ermahnende Ausdruck „Memento mori“ in meinem Gedächtnis auf. Natürlich geht es genau darum. Das Vergängliche, die Vergänglichkeit allen Seins, des menschlichen, aber eben auch das zyklische Vergehen des natürlich Gewachsenen in der uns umgebenden Natur. Das Buch als Sinnbild menschlicher Kultur und die beiden Herbstblätter, die auf das Ende des bestehenden Vegetationszyklus hindeuten. So greifen die weiteren und die im jährlichen Rhythmus ablaufenden Zyklen ineinander und stehen für den Zusammenhang alles Lebendigen. Diese Gedanken sind dann auch in die Titel, Kurzbeschreibung und die Keywordliste der Microstock-Arbeiten eingeflossen. „1/1“]