Ein Tannenbaum aus Wachs

Das kleine Tannenbäumchen aus rotem Paraffin-Wachs, das ich gestern mit der neuen Silikonform gegossen hatte, ist tatsächlich und wider Erwarten ganz gut gelungen. Nicht ganz rund, wie es bei der leicht deformierten Form nicht anders möglich war, und auch ziemlich filigran und kleine. Aber mit etwas Mühe konnte ich die Form von außen zurückstülpen und habe dabei nur wenige Macken in dem weichen Material hinterlassen. Am schwierigsten ist eben das Spannen des Dochts und dann auch das Eingießen, weil an dieser Form eben alles wackelt und instabil ist. Man muss sich da einiges einfallen lassen, um das Gießen einigermaßen unfallfrei hinzukriegen. Aber da ich die Formen nur zur Verfügung habe und auch weil die kleinen Kerzchen schnell heruntergebrannt sein werden, will ich noch eine Reihe weiterer herstellen. Ist eben wirklich nett mit dieser klassischen Tannenbaumanmutung.

Reminiszenzen und baum-grüne Szenen

Ein fotografischer Arbeitseinsatz hat mich heute in die Region geführt, die vor 25 Jahren einmal mein hauptsächliches Wirkungsgebiet war. Da bin ich durch einige Orte gekommen, die mir damals recht vertraut waren, weil bestimmte Erledigungen und Aufträge mich regelmäßig dorthin führten. Natürlich war mir nach so langer Zeit fast nichts mehr in Erinnerung. Insbesondere der Zielort selbst war mir so nicht erinnerlich, vielleicht weil ich damals immer nur bestimmte Adressen angesteuert hatte. Aber regionale Muster, eine bestimmte Anmutung der Region, die konnte ich schon wiedererkennen. Es ist eben das Abstrakte, was haften bleibt und sich auch nicht so schnell verändert. Für solche Reminiszenzen bin ich sehr dankbar. Sie helfen, Erinnertes, früher Erlebtes aus heutiger Perspektive und Kenntnis neu zu betrachten und daraus vielleicht auch Schlüsse zu ziehen. Und die Fahrt, die teilweise über Landstraßen führte hatte auch landschaftlich ihren Reiz, führte mich durch eine lichtdurchflutete, von sommerlicher Wärme gesättigte überwiegend baum-grüne Szene zu einem ebenso ländlich anmutenden Ortskern, der wie gemacht schien für sein Umfeld.

Ausstehende Winterbaumarbeiten

Eine winterliche Gartenarbeit habe ich noch nicht erledigt. Es ist eigentlich jedes Jahr so, dass ich das bis zu Letzten aufschiebe. Dabei wäre jetzt die richtige Zeit, die Äste des Walnussbaums und der Gleditschien so zurückzuschneiden, dass sie wieder eine ausgewogene Kronenform haben. Da sind einige quer gewachsene Äste, die zu viel sind und den belaubten Baum eher überbelasten. Auch sind sie zu nah beieinander so dass die Schattenwirkung durch die übergroße Dichte zu groß wird. Also ein Projekt, das sich für den nächsten Tag anbietet, an dem einmal für einige Stunden am Stück die Sonne rauskommt und diese Dauernässe auftrocknet. Mit den Feigenbäumen bin ich noch etwas vorsichtiger. Deren Rückschnitt werde ich wohl noch bis zum wärmeren Frühjahr aufschieben, weil es eben doch noch recht kalte Nächte geben könnte, die den mediterranen Arten nicht gut bekommen könnten.

Strohblumenbäumchen

Allerheiligen konnte ich, trotz vieler Punkte auf dem Aufgabenplan, insgesamt doch kontemplativ gestalten. Das ist mir bei Feiertagen generell wichtig, bei diesem aber besonders. So war unter den aktuellen Sicherheitsauflagen auch nach längerem ein Gottesdienstbesuch anlässlich des Feiertags möglich. Und am Nachmittag konnte ich einen der Texte Rudolf Steiners bzw. Vortragsmitschriften desselben erneut lesen, die ich mit der Bedeutung des Feiertags in Verbindung bringe und die bei jeder Lektüre neue Bedeutungsinhalte offenbaren – wie das bei den Texten dieses Autors ja eigentlich immer der Fall ist. Und dann hatte ich auch noch Gelegenheit, die über Monate gesammelten, aussortierten, getrockneten und kürzlich auf Stäbe applizierten Strohblumen zu zwei Sträußen zu arrangieren. Ein kreatives Vorhaben, das ich in den drei letzten Jahren schon durchführen konnte. Diesmal sind es also zwei geworden, ein leichterer, überschaubarer, mit nicht ganz so vielen Blüten und einer, in den ich den Großteil der übrigen Blüten in einem Farbspektrum von orangerot bis lachsrot einbinden konnte. Diesen größeren, opulenteren habe ich diesmal nicht geometrisch gleichmäßig arrangiert, sondern mit unregelmäßigen Oberflächentiefe, verschieden langen Stängeln. Im Ergebnis ist etwas entstanden, das mich an ein kleines Herbstbäumchen erinnert, zumal das Arrangement die Form einer Baumkrone angenommen hat und die Farben dem Farbenspektrum entsprechen, das man typischerweise vom Herbstlaub der Bäume kennt. Ein geeignetes Trägergefäß werde ich noch finden müssen. Aber diese Baumform für einen Strohblumenstrauß macht ihn besonders und wird uns sicher in den Wochen vor Beginn der Adventszeit und sicher auch wieder im nächsten Jahr den Herbst ein Stück weit mehr präsent halten.

Starkes Symbol für Leben und Individualität

Die Beitragsreihe auf ARTE, die sich auf besondere Bäume in Frankreich und anderen Teilen der Welt bezieht, ist für mich höchst interessant. Es sind Bäume mit Geschichte oder besonderen Merkmalen, oft sehr alte und solche, an die sich Traditionen oder Lebensläufe knüpfen. Da werden meine Kernthemen angesprochen, die symbolische und ästhetische Energie und Ausstrahlung der Bäume, ihre Funktion als Lebenssymbol und emotionales Zeichen. Für mich ist das eine weitere Bestätigung dafür, dass Bäume wohl wie kaum ein anderes Lebenssymbol Menschen überall auf der Welt emotional bewegen und ihr gesamtes Leben über begleiten können, ohne jemals ihre Attraktivität zu verlieren. Ein wirklich universelles und unergründlich tiefes Symbol für das Leben und die Individualität schlechthin.

Wenn Zeit und Wetter zusammenfallen

Mein Baumkalenderblatt für Juni zeigt eine wunderbar frühsommerliche Waldlandschaft in England, mit dicht stehenden grünenden Bäumen, punktuell durchdringenden Lichtstrahlen und einem Boden, der von lila blühenden Hasenglöckchen vollständig bedeckt ist. Eine Waldidylle, die genau in die Jahreszeit passt und damit sehr gut für den Juni ausgewählt. Leider sind mir solche Exkursionen in nahe gelegene Waldstücke, die ähnliche Eindrücke vermitteln könnten verwehrt. Da fallen mir schon einige Stellen ein, nur ist die zeitliche Auslastung so und das Wetter so wechselhaft, dass beides, Zeit und das richtige Wetter, zuletzt nicht häufig zusammenfallen wollten. Vielleicht bietet sich über die Pfingsttage einmal wieder die Gelegenheit und die Chance, das besonders belebende Licht dieses Frühsommermonats im Spiegel der Bäume fotografisch festzuhalten.

Konservierte Wärme

Es ist noch zu kühl und unbeständig. Deshalb werde ich noch eine ganze Weile mein Kelleratelier beziehen müssen, wie auch an diesem Wochenende wieder. Ein Hauch von Frühling ist trotz künstlicher Beleuchtung aber auch jetzt schon phasenweise zu spüren. Immer, wenn die fast blendenden Sonnenstrahlen von außen die Kellertreppe herunter wandern und den Arbeitsplatz in eine Bühne verwandeln, mit einer spürbaren Wärme auf den Wangen und einer wunderbaren Ergänzung dessen, woran ich dort arbeite. Mit verschiedenen Holzarten, die selbst die Wärme in sich tragen, sie quasi konserviert haben, von all den Sonnenstunden, die der Baum zu Lebzeiten genießen konnte.

Mit dem Altern wird Holz lebendiger

Meine Schreibtischplatte, die ich aus einer Kombination von Brettern aus Walnussbaum und Birke zusammengefügt hatte, beginnt die Oberflächengestalt anzunehmen, die ich mir ursprünglich vorgestellt hatte. Vermutlich liegt es daran, dass ich sie schon länger nicht mehr eingeölt habe und sich mittlerweile in dem weicheren Walnussholz schon etliche flache Druckspuren eingegraben haben. Das verleiht dem etwas von der Anmutung früherer Schulbänke, auf denen Generationen von Schülern ihre Gebrauchsspuren hinterlassen haben. Wenn irgendwann einmal auch der mittlere Streifen aus Birke stärker verblasst ist, fängt es an interessant, irgendwie lebendig zu werden. Das ist verrückt, weil das Holz von seinem lebenden Zustand sich immer weiter entfernt. Aber es ist wohl wie bei den Holzperlen, die ich für Armbänder produziere. Das Holz entwickelt irgendwann ein Eigenleben und lebt dann nur noch von seiner gespeicherten Energie und seiner symbolischen Ausstrahlung, die eine Verbindung zu den Eigenschaften der Baumart hält. Es wird zu einem natürlichen Symbol- und Energieträger und lenkt dann interessanterweise die Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Baum. Stärker und deutlicher noch als in frisch verarbeitetem Zustand.

Der Baum bleibt ein künstlerischer Impulsgeber

Auch wenn ich selbst nicht sehr häufig dazu komme, eigens gesammeltes Bildmaterial auf meinen verschiedenen Pinterest-Sammlungen zu ergänzen, ist der kontinuierlich eingehende und zu meinen Themenfeldern passende Newsletter von Pinterest doch immer wieder sehr anregend. Unglaublich fast erscheinen mir die Vielfalt und der Ideenreichtum von Designern und Künstlern weltweit, von denen viele auch Ansätze verfolgen, die meinen eigenen bildhauerischen Ansätzen im Bereich der Holzskulptur ähnlich sind. Es sind dann gerade die Unterschiede zu den eigenen Arbeiten und Herangehensweisen, die beim Betrachten dieser Abbildungen besonders interessant sind. Nicht selten gibt mir das Impulse ein, doch wieder in die bildhauerische Arbeit einzusteigen, deren aktive Ausübung schon längere Zeit brachliegt. Dann sind es aber immer wieder auch Hindernisse, meist themenfremde, die dem entgegenstehen und die mich letztlich den Faden auf allein virtueller Ebene weiterspinnen lassen. Wie ich sehe, wäre aber auch in Jahren noch eine aktive Weiterverfolgung vorstellbar, denn die Zeitlosigkeit der Themen und Symbolkomplexe rund um den Baum und sein Holz ist zweifellos. Anders ist der auch aktuell wieder festzustellende Variationsreichtum ihrer plastischen Formgebung nicht zu erklären.

Einzeln, frei und brüderlich

In Ms poetischem Tageskalender fand sich vor einigen Tagen ein Text von Nâzım Hikmet, einem 1963 verstorbenen türkischen Dichter. Dieser Text ist für mich beeindruckend, weil er das Wesentliche der Bäume so schön zum Ausdruck bringt. Wie ich vorhin nachgelesen habe, handelt es sich aber nicht um ein vollständiges Gedicht, sondern um den letzten Vers des Gedichts Davet (Einladung), das in der deutschen Übertragung wohl v. a. durch Hannes Wader bekannt geworden ist. Tatsächlich hatte ich zuvor selbst noch nie davon gehört. Ich will es einmal für sich stehen lassen und dabei anmerken, dass mich der Grundgedanke sehr an diesen einen Baumtext Hermann Hesses erinnert, der ja ebenfalls diesen symbolischen Aspekt betont, dass die Bäume als Lebensform es nämlich schaffen, das Zeitlose in der je besonderen Existenz ihrer Individuen auszudrücken. Für mich ist genau das die Grundlage ihrer symbolischen Stärke. Das Zitat in deutschsprachiger Übersetzung:

 

„Leben einzeln und frei

wie ein Baum und dabei

brüderlich wie ein Wald,

diese Sehnsucht ist unser.“

 

aus dem Gedicht „Davet“ von Nâzım Hikmet

Ein Garten mit baumartigen Stauden

Einen schönen, sehr ausgedehnten Garten konnte ich heute bewundern, in dem einzelne Gräser und Stauden gepflanzt sind und gedeihen, die wie Bäume wirken. Unter anderem ein Zebragras, das sich durch seine gestreiften Blätter auszeichnet und sehr dicke buschförmige Gestalten annehmen kann. Bei der Gelegenheit bin ich auch in den Genuss einiger geschnittener Gräser und Kräuter gekommen, die M. sehr gerne für die Wohnungsdekoration verwendet. Auch wenn es allmählich eng wird, bei allem, was wir in den letzten Wochen aus eigenen Exkursionen und aus dem eigenen Garten an Dekorativem gewinnen konnten. Besonders gut haben mir in diesem Garten die hoch gewachsenen Rizinusstauden gefallen. Eine Sorte davon entspricht auch in ihrer Anmutung ziemlich genau den unseren. Die andere aber ist grüner, trägt keine Blüten, hat aber wirklich einen baumartigen Stamm und insgesamt eine wuchtige, an einen kleinen Baum erinnernde Form. Vielleicht kann ich die Inhaber ja später um Samen aus dieser besonderen Rizinusart fragen.

Starke Buchen

Schnittkanten frisch gefällter Buchenstämme, aus: Starke Buchen
Buchenabschnitte, aus: Starke Buchen
Abschnitt eines Buchenastes, aus: Starke Buchen

Den heutigen Weg, einen meiner Lieblingswege, bin ich schon einige Male am Rosenmontag gegangen. Da aber morgen Regen angesagt ist, habe ich es vorgezogen, bei schönem nachmittäglichem Wetter. Der abwechslungsreiche Wanderweg an sich braucht eigentlich keine besonderen Attraktionen. Aber zu dieser Jahreszeit fällt, in Ermangelung sonstiger Akzente, die forstwirtschaftliche Betriebsamkeit besonders auf, vor allem an den Waldrändern, an die zuvor geschlagene Stämme und Stammabschnitte transportiert und dort dann gelagert werden. Diese Ansammlungen frisch gefällter Stämme übt auf mich immer wieder eine Anziehung aus. Da steckt so viel Kraft drin, dass man denkt, der Baum, obwohl in Einzelteile zerlegt, lebe noch weiter, hätte sich von seiner verwurzelten Vitalität noch nicht verabschiedet. Ein letzter großer Auftritt, eine Demonstration der Stärke, bevor er irgendwann in der Unsichtbarkeit verschwindet, um wiederum viel später durch sein verarbeitetes Holz wieder in Erscheinung zu treten und seine Individualität in neuer Form zum Ausdruck zu bringen.

Starkes Baum-Thema

Darum, dass die Wunschbaum-Projekte einen ganz guten Spiegel globaler Stimmungen abgeben, bin ich ganz froh. Bei Medien und Formen, deren Substanz vor allen Dingen eine symbolische ist, die zudem einen Gegenstand haben, der als archetypisches Symbol, als hochgradig emotional besetztes Zeichen aufgefasst werden kann, sind dafür gute Voraussetzungen gegeben. Denn im spontan geäußerten Interesse, in der Suche nach Inhalten, die es ermöglichen, die eigene Persönlichkeit in äußeren Symbolen zu spiegeln, um damit mehr über diese zu erfahren, zeigt sich die wahre Stimmung. Ganz unabhängig von Entwicklungen und Nachrichten aus Politik und Wirtschaft. Es gibt eben – glückerweise – diese zeitlosen Themen, die gerade deshalb jederzeit im Alltag präsent sind und die persönliches Handeln, Motivationen und Intentionen stärker bestimmen als oft bewusst wird. Eine Palette von Wegen, Formen und Medien für mich entdeckt zu haben, mich eben diesen Themen zu widmen, immer eng geführt am großen Thema „Baum“ empfinde ich als große Bereicherung, die nie verblasst. Denn Teil dieser Projekte ist immer auch die Weiterentwicklung unter Berücksichtigung sich verändernder Wahrnehmungen, Bedürfnislagen und Ausdrucksformen. Wenn bei aller Veränderlichkeit der thematische Kern unberührt bleibt, ist das nur eine weitere Bestätigung der Stärke des Themas und seiner symbolischen Formen und der großen Rolle, die sie im Alltagsleben der Menschen spielen.

Lichtreicher November

Das war der lichtreichste November seit 7 Jahren. Wer hätte das gedacht. Gefühlt schien er eher trübe. Aber die wenigen hellen und kalten Tage gegen Ende des Monats haben zusammen mit lichten Phasen einige Wochen vorher wohl dieses statistische Ergebnis zur Folge. Schön, dass der Beginn des Dezembers ähnlich ausfallen soll. Ich hätte nichts einzuwenden gegen einen dieser kalten und sonnenreichen Winter, die wir vor Jahrzehnten nicht so selten waren, die wir jüngst aber nicht mehr erleben durften. Dann hätten wir auch einen Anlass, den Holzbrandofen schon vor Neujahr anzufeuern. In Durchschnittswintern war die Jahreswende immer die Startmarke. V. spricht ohnehin davon, den Brennholzvorrat mit Fichten und dazwischen gestreuten Obstbaumscheiten weiter aufzufüllen. Eine lange Ofensaison würde das notwendig machen. Wir müssen wohl noch abwarten. Prognosen sind jüngst schwieriger geworden.

Wieder ein warm leuchtender Weihnachtsbaum

Der Aufbau des künstlichen Weihnachtsbaums vorm Haus hat diesmal gut funktioniert. Er steht jetzt fast genauso da wie im Vorjahr. Mit einer bernsteinfarben leuchtenden Lichterkette, roten Kugeln und am Fuß zum Schutz vor heftigem Wind mit einem schweren Sandsack beschwert. So dürfte er die Saison gut überstehen. Und die Zeitschaltuhr funktioniert ebenfalls noch. Ein schöner Anblick, wenn uns in diesen grauen Tagen morgens schon das warme Leuchten begegnet, und auch am Abend steht es exemplarisch für die Vorzüge der häuslichen Winterzeit. Wie ich letztes Jahr schon festgestellt habe, stört der unnatürlich gleichmäßige Aufbau des Baums keineswegs. Auch nicht, dass er als Kunstbaum erkennbar ist. Seine Rolle als Weihnachtsbaum ist es umso markanter und bestimmt vollständig, wie er wirkt und wie wir ihm begegnen.

Wo Künstliches symbolische Stärke zeigt

Den künstlichen Weihnachtsbaum, der letzten Jahr erstmals zum Einsatz kam, habe ich heute nochmal entpackt und provisorisch aufgebaut. Die Einzelteile, das sind neben dem Ständer drei „Stamm“-Teile und zahlreiche einzeln einzuhängende „Äste“ sowie eine zusammenhängende Spitze, waren in zwei Kartons verpackt und sehr schnell wieder zusammengesetzt. Schwieriger wird’s dann schon mit dem Aufstellen vor Ort, denn der Untergrund ist leicht schief, und vor allem muss der leicht Ständer mit einem sehr schweren Sandsack beschwert werden, um die ganze Saison stabil zu bleiben und bei heftigen Winterwinden nicht wegzufliegen. Anschließend erhält der Baum noch eine LED-Beleuchtung mit bernsteinfarbenen Lichtern. Ich fand das sehr schön. Und interessanterweise wurde die Schönheit auch von vielen Besuchern gelobt, obwohl man schon auf den ersten Blick wahrnimmt, dass es sich um einen künstlichen Baum handelt. Die Anmutung des Gleichmäßigen in Verbindung mit der offensichtlichen Künstlichkeit wirkt auf die meisten irgendwie rührend. Ein Zeichen mehr dafür, dass Symbole sich u. U. ganz weit von der materiellen Substanz entfernen und erst in den Köpfen ihre ganze Stärke entfalten. Das gilt für ein so starkes Symbol wie den Baum ganz besonders, erst recht, wenn er uns in Gestalt eines Symbolbaums begegnet.

Wahrnehmungsschwerpunkte des Baumlebens

In jüngster Zeit werden die Besuche meiner Wunschbaum-Seiten wieder zahlreicher. Ich lese das ab an der Zunahme von Kommentaren, an Rückmeldungen verschiedenster Art. Ich glaube, das liegt weniger am Winter – auch möglich, wie in den beiden letzten Jahren mit richtigem Winter – vielmehr in diesem Jahr an der Erwartung des Frühlings. So gibt es Jahre, in denen die Winterperiode dominant bleibt, auch in der Erinnerung, und andere, die durch den Sommer im Gedächtnis bleiben. Diesen Winter können wir eigentlich vergessen. Er war weder durch die Abwesenheit der Bäume präsent noch durch ihre Betonung, etwa durch malerische Schneebepuderungen. Es war und ist noch ein Winter, in dem die Bäume sich ganz zurückgezogen haben und nur bei expliziter Beobachtung, etwa beim Fotografieren, ins bewusste Menschenleben zeitweilig zurückgekehrt sind. Das muss wohl auch einmal sein, immer damit verbunden, dass ein anderer Abschnitt des Lebenszyklus in den Vordergrund rückt. Wird es diesmal das Frühjahr mit seinem ersten Grünen und Blühen sein. Oder wird statt des vegetativen Anfangs die Hochzeit des Wachstums im Sommer, oder das Fruchten im Herbst den Wahrnehmungsschwerpunkt bilden. Jetzt ist es noch zu früh, dazu eine Prognose abzugeben. Nur die Ruhezeit können wir wohl ausschließen.

Mit Grundlegendem zum Fortschritt

Dieses Jahr schleicht sich sehr unauffällig davon. Und das scheint mir gut so, denn es gab so viel Unglückliches und Aufregendes in der Welt 2015, dass man sich Ruhe und Stabilität mehr wünscht als alles andere. Diese Stabilität der politischen, kulturellen und sozialen Verfassung einer Gesellschaft ist wohl die Voraussetzung für wirkliche Weiterentwicklung. Und das gilt für die Gesellschaft als Ganze ebenso wie für den persönlichen Entwicklungsweg eines jeden einzelnen Menschen. Es ist dies oft mein erster Gedanke am Morgen und einer der letzten des Tages, dass wir uns bald wieder den Luxus leisten können, an formenden, aufbauenden, Verbesserung bringenden Projekten zu arbeiten und mit diesen uns selbst und die Gesellschaft voranzubringen. Die Kräfte zehrenden Nebenschauspiele sind allzu sehr in den Vordergrund getreten und ließen oft kaum mehr Freiraum. Wenn es etwas gibt, das ich mir für 2016 wünsche, dann diese Form von Fortschritt. Basisthemen wie unser Verhältnis zur natürlichen Umwelt, für mich am deutlichsten in der Baumsymbolik zum Ausdruck gebracht, können uns auch künftig helfen, eine Freiheit des kreativen Ausdrucks und Wirkens zurückzugewinnen. Denn diese Themen führen uns auf die Grundlagen unserer Existenz zurück und befreien uns von Ballast.

Raunächte, Selbstspiegelung und Vorsätze

In diesen Tagen liest M. viel über die Raunächte und die Bedeutungen, die man den zwölf Tagen zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag zuschreiben kann. Eine mögliche Ausdeutung beruht auf der Idee, dass diese zwölf Tage das folgende Jahr, die kommenden zwölf Monate quasi vorwegnehmen. Wenn man das annimmt, macht es Sinn, jedem dieser Tage eine Art Aufgabe zuzuordnen und an jeweiligen Tag die Aufmerksamkeit auf diese Aufgabe zu lenken. So sollte es gestern um das Zurücklassen alles Negativen gehen, um unbeschwert ins neue Jahr überwechseln zu können. Ich denke, dass an solchen Ansätzen viel Sinnvolles ist, man sie aber dennoch auf Praxistauglichkeit hin kritisch prüfen sollte. Ist es mir überhaupt möglich, so differenziert durch die Raunächtezeit zu gehen und die Aufmerksamkeit so gezielt zu lenken? Ist eine solche Zuordnung zwischen Einzeltagen um die Jahreswende zu Monaten des Folgejahres eigentlich aussagekräftig. Natürlich erlebt das jeder auch anders und setzt unterschiedliche Schwerpunkte bei Vorsätzen und der Verarbeitung des Erlebten. Gerade deshalb sprechen mich die zeitlosen Symbolthemen am meisten an, die einer Spiegelung gleichkommen. Die Spiegelung im Wachstums- und Lebenszyklus der Bäume ist uns naheliegend, da wir deren Veränderung täglich in unserem Blickfeld haben. Die symbolische Stärke der Bäume unterstützt uns dabei und gestaltet den Prozess der Selbstbeobachtung dennoch ergebnisoffen. Ebenso wie die Bäume in Abhängigkeit von ökologischen Faktoren entwickeln auch wir unsere Lebenswirklichkeit, die körperliche Befindlichkeit, die seelische und geistige Verfassung und Veränderung in einem komplizierten Umfeld, zu dem auch die Bäume als natürliche Spiegel gehören. Die Jahreswende kann uns einer von vielen Anlässen sein, diese Selbstbeobachtung bewusst zu machen und aus ihr Zuversicht und Entschlossenheit für das neue Jahr abzuleiten.

Bäume und Baumthemen sind zeitlos

Diesmal sind es nicht die kunsthandwerklichen Arbeiten, die mich zwischen den Jahren in Atem halten. Vielmehr bahnen sich bereits zahlreiche für kommendes Jahr geplante Projekte an und müssen vorbereitet werden. Fast schon zu viel Vorbereitung. Ich hoffe, dennoch die Raunächte, vor allem die dazu gehörenden Tage, in ihrer Besonderheit wahrnehmen und ausfüllen zu können. Der Tag morgen wird wohl im Zeichen dieses Vorhabens stehen und die Gedanken wieder etwas weiter schweifen lassen. Ich freue mich, dass meine interaktiven Baumprojekte nach wie vor auf Interesse stoßen. Kommentare zu Einträgen des Baumtagebuchs, auch eine Anfrage, ob ich mich mit dem Baumtagebuch an einem Wettbewerb für Gartenblogs beteiligen möchte. Das sind ermutigende Zeichen, dass auch kommunikativ die Beschäftigung mit den Bäumen anschlussfähig bleibt und der Baum als archetypisches Symbol seine Bedeutung behält.

Der Baum als Lebensthema

Das Interesse an und das Verständnis für die Symbolik der Bäume sind durchaus groß, in einer zeitlosen Weise. Die Art etwa, wie die Bedeutung alter und beeindruckender Baumindividuen in einer Sendereihe auf ARTE aktuell aufbereitet und dargestellt wird, ist ein Zeichen dafür. Mich wundert das nicht, da ich das Thema seit etwa 15 Jahren intensiv reflektiere und die Äußerungen und Einstellungen der Menschen meiner Umgebung genauestens beobachte. Die Erkenntnis daraus ist, dass die äußeren Lebensumstände, die wirtschaftlichen Herausforderungen, die politisch diskutierten Themen wechseln mögen. Die Betrachtung der Spiegelung menschlicher Befindlichkeit in den Bäumen ist dagegen immer hintergründig, bleibt von allem anderen unberührt. Einfach weil wir es mit dem Baum mit einem universellen Symbol zu tun haben, das unser Verhältnis zum Leben, unser Nachdenken über Prinzipien des Lebens, besonders gut unterstützt. Je mehr ich darüber erfahre und im Alltag erlebe, desto weitreichender scheint mir das symbolische Feld, auf dem wir uns mit den Bäumen bewegen. Ein Themenfeld, das unerschöpflich und horizontlos zu sein scheint und auch insofern ein großes Lebensthema.