Akzentarme Baumzeit

Mein Gang durch die Baumlandschaft hatte heute etwas Meditatives, auch weil wenige Menschen nur unterwegs waren. Wohl lag das am Wetter, das sich unbeständig zeigte und mir auf dem Weg auch einige schwächere Schauern bescherte. Der Entwicklungsstand der Sträucher und Bäume ist jetzt schon weitgehend auf die Seite des Fruchttragens verschoben. Fast alle Arten zeigen schon Fruchtansätze in noch nicht ausgereiftem Zustand, oft noch ganz grün und noch nicht in der endgültigen Größe. Deshalb fehlen weitgehend die Farbtupfer, Akzente, die das Auge lenken und attraktive Fotomotive abgeben. Fotografisch konnte ich so an diesem Sonntag wenig realisieren. Angezogen haben mich nur einzelne Arten, die opulente Fruchtstände zeigen, wie der Holunder oder die hier gezeigten Haselnusssträucher. Und doch, ein roter Farbakzent war immerhin doch zu sehen, nämlich beim Wolligen Schneeball.

Haselstrauch mit grünen Nüssen
Fruchtstände beim Wolligen Schneeball

Archetypische Krisenverarbeitung

Die beständige Abfolge von Krisensituationen hat die Menschen verändert. Das ist mir noch nie so klar geworden wie in diesen Tagen. Der Virus, jetzt die Hochwasserkatastrophe, die vielen alltäglichen Ausnahmesituationen und Verrückungen, die man kaum noch auseinanderhalten kann. Die Ausnahme scheint zur Regel geworden zu sein und das verändert etwas in den Köpfen und vor allem in den Seelen. Es lässt sich noch nicht einmal sagen, ob es um Ungleichgewichte oder die überfordernde Verarbeitung von Anpassungsleistungen geht. Es könnte auch um die vermeintlichen Gewissheiten einer für fast jeden mitlaufenden Autobiografie gehen, um die vermeintlichen Gewissheiten, die unseren Handlungen und unserer Motivation Orientierung und Halt geben. Eine Orientierung und ein Halt, der zunehmend gefährdet erscheint, unabhängig von der Ausprägung des Selbstbewusstseins und der Zuversicht. Es ist eine Coping-Strategie, die mir in solchen Zusammenhängen immer wieder vor die Seele tritt, weil ich sie als eine wirklich förderliche kennengelernt habe: Die Auseinandersetzung mit den geistigen Grundlagen unserer Verkörperung in diesem Leben, die wir auf unterschiedlichen Wegen führen können, je nach Entwicklungsstand und Möglichkeiten. Dabei spielt die symbolische Vermittlung, die Spiegelung in außerhalb von uns verfügbaren Symbolformen eine wichtige Rolle, da wir eine symbolische Verstärkung hierfür benötigen oder diese uns die Auseinandersetzung erleichtern kann. Lebenssymbole wie das von mir im Baumtagebuch und den Wunschbaum-Projekten gepflegte Baumsymbol sind eine Möglichkeit. Andere Archetypen wie Engel, Steine, Berge oder Vögel mögen andere Persönlichkeiten noch stärker ansprechen. Ich wünsche jedem, dass er aus der symbolvermittelten Reflexion Kraft und Orientierung für die je persönliche Krisenverarbeitung gewinnt und damit für das möglichst gradlinige Verfolgen seines / ihres selbst definierten Lebensziels.

Majestätische Wunderbäumchen

Der Garten grünt und blüht zurzeit so opulent, dass ich die sonst obligatorischen Strohblumen gar nicht vermisse. Damit hatte ich bewusst einmal ausgesetzt, auch weil das sukzessive Einsammeln und Trocknen der Blüten immer eine endlose Angelegenheit ist und ich auch schon so viele schöne Trockensträuße daraus gebunden habe, dass es erst einmal reicht. Ersatz sind mir in diesem Jahr die fünf Wundbäumchen alias Rizinusstauden, die ich an die Zaungrenzen gesetzt habe. Die erfreuen sich mit Ausnahme des zuletzt etwas zu spät gepflanzten großer Wachstumsfreude, so dass im Spätsommer sicher wieder genug Samenkerne fürs kommende Jahr herausspringen werden. Vor allem aber sind die Stauden schön anzusehen. Die gesamte Architektur der Pflanze, ihre majestätische Gesamterscheinung, die filigranen Formendetails der Blüten und Fruchtstände, die riesigen, sich wie riesige Hände ausbreitenden Blätter. Wenn sie jetzt noch etwas höher hinauswachsen, werden sie eindeutig das diesjährige Highlight des Sommergartens bilden.

Wetterfühlige Pflanzen

Nun verlaufen die Tage wie in den beiden Vorjahren während des Hochsommers durchgehend. Hohe Temperaturen gepaart mit Gewitterneigung und einer ziemlichen Luftfeuchtigkeit. Die Pflanzen mögen das, jedenfalls die Bäume und Stauden, die sich unter den Bedingungen prächtig entwickeln. Nur die einjährigen Sommerblumen reagieren darauf zum Teil empfindlich. So passiert es immer wieder, dass einzelne bislang noch sehr kräftige Blumenstöcke über Nacht verdorren, ohne dass ein konkreter Grund erkennbar wäre. Ich schätze, es ist der unverhoffte und starke Temperaturanstieg, die Dauerbestrahlung während des Tages, die diese Arten im Anschluss an wochenlanges kühles Schmuddelwetter nicht gut verarbeiten. Leider ist das mit Verlusten verbunden, die nur durch das üppige Wachsen und Wuchern drumherum kompensiert wird, aber es manchmal auch erforderlich macht, neue Blumen als Ersatz einzupflanzen.

Versöhnlicher Hochsommertag

Dieser Einundzwanzigste hatte immerhin den Vorzug, dass ich ungestört konzentriert meine Projektarbeit voranbringen konnte. Das bei sehr angenehm temperierten und lichtreichen Sommerwetter. So kann es eigentlich weiter gehen. Damit wir am Ende doch noch eine positive Erinnerung an diesen Krisensommer haben dürfen. Und schön auch, dass inzwischen die meisten kahlen Wunden des Rückschnitts beim Efeu kaschiert sind, weil junge Triebe aus dem starken Unterholz ausgeschlagen sind und sich die Lücken allmählich wieder schließen.

Schlusspunkt der Sommerpflanzaktionen

S. hat sich über sein Baumkreis-Armband gefreut. Für die Übungen im Wald ist das als Accessoire ja auch eigentlich genau das Richtige. So finden die Symbolholzarmbänder letztlich immer wieder die richtigen Träger, für mich eine Bestätigung der Sinnhaftigkeit des gesamten Langzeitprojekts. Wir freuen uns, dass der Sommer zurückgekehrt ist, weil das ein Stück gefühlter Normalität zurückgibt, das wir dringend nötig haben. Stimmig dazu sind jetzt die Chilipflänzchen endlich zu einer Größe herangewachsen, ab der es Sinn macht, sie in ihren eigentlichen Pflanztrog zu versetzen. Die warmen Strahlen der Spätnachmittagssonne habe ich für diese Arbeit genutzt und damit den Schlusspunkt der diesjährigen Sommerpflanzaktionen gesetzt. Die Pflanzen müssen jetzt nur noch kräftig wachsen, damit sie frühzeitig zum Blühen kommen und hoffentlich auch noch reife Schoten ausbilden. Im Vorjahr sind die Früchte sehr spät erst gekommen.

Dauerthema Klimawandel

Die Sonnenstundenbilanz für diesen Monat kann eigentlich nur noch sehr schlecht werden. Auch wenn das letzte Drittel dieses Katastrophenmonats noch überwiegend sonnig ausfallen sollte, ist diese Regenwetterphase nicht mehr auszugleichen. Nur die Pflanzen wussten das zu schätzen, für alle anderen war es eine Zumutung. Immerhin kann man sich über frisches, gelb-grünlich gefärbtes Blattgrün freuen, an den Bäumen dem Efeubewuchs, bei den Sommerblumen, die immer wieder einen neuen Anlauf nehmen, um ihre Blätter und v. a. Blüten zu erneuern. Schwer zu sagen, was nun wünschenswerter ist: Die Hitze der beiden Vorjahre oder dieses Wetter, das von extremen Schwankungen geprägt ist. Die gemäßigten Breiten sind wohl in keiner Form mehr gemäßigt. Eines der Themen, die unseren Alltag in Zukunft wesentlich prägen und die öffentliche Diskussion mit Dauerthemen versorgen wird.

Nach der Rückkehr des Hochsommers

Das war der erste Tag seit längerem, den man wieder als Hochsommertag bezeichnen könnte. Überraschenderweise hat es die Menschen nicht so zahlreich ins Freie getrieben, wie man hätte erwarten können. Fast scheint es, dass man sich selbst das schon abgewöhnt hat. Jedenfalls sind mir auf meinem Lieblingsweg am Flussufer nur wenige begegnet. Das hat allerdings auch etwas für sich, denn so kann die jahreszeitlich geprägte Landschaft noch eindrücklicher wirken. Auf dem Weg habe ich viele noch grüne Früchte an den Sträuchern und Bäumen gesehen. Damit ist mir schmerzlich bewusst geworden, dass ich in diesem Hochsommer wegen des unerwarteten Wetters die Hochphase gerade des Blühens, bei Bäumen, Sträuchern und Wiesenkräutern, weitgehend verpasst habe. Dort wo ich im Vorjahr noch die schönen Impressionen der hochsommerlichen Kräuterwiese mit Mohnblumen festhalten konnte, war heute schon alles abgemäht. Ein bis zwei Wochen früher hätte sich vielleicht noch ein vergleichbarer Eindruck eingestellt, aber in der Zeit war es auch mit Fotografieren einfach nicht möglich. Die wirklich interessanten Baummotive werden sich erst später wieder zeigen, wenn die Früchte ihre erkennbare Reife entwickelt haben. Eindrücklich beim heutigen Gang war mir ein gewaltiger Totholzstamm, der am Flussufer trieb und bei dem ich mich frage, wie er dorthin gelangt ist. Ein solcher Stamm bricht gewöhnlich nicht irgendwo ab. Möglicherweise wurde er an andere Stelle bewusst platziert, vielleicht als Renaturierungsmaßnahme. Oder die Biber, die dort immer wieder aktiv sind, waren es höchstpersönlich. Bei der Größe des Stammes würde das aber von einem ungewöhnlich ausgeprägten Ehrgeiz der Tiere zeugen.

Totholzstamm auf der Saar

Technikanalyse vs. Symbolarbeit

Manchmal wundere ich mich über mich selbst, dass die Experimentierfreude und das Interesse am Ausprobieren neuer Techniken und der damit verbundenen Erfahrungsmöglichkeiten ungebrochen scheint. Andere mögen fragen und tun das auch öfters, warum ich mir das antue. Aber die Frage lässt sich nicht wirklich beantworten, es liegt wohl an einem Entdecker- und Erkundungsdrang, der sich gerade auf technischem Gebiet auszudrücken vermag. Eine Horizonterweiterung bedeutet es allemal, auch wenn das nicht endlos und für die einzelne Anwendung regelmäßig praktizierbar ist. Die Möglichkeit, dass ich es könnte, allein macht schon den Reiz aus, mit der Chance, etwas von der jeweiligen Erkenntnis und dem Mehrwert mit anderen teilen zu können. So stoßen meine Technikexkursionen und -tests dann auch jede Menge Kommunikationen an, die sonst nicht zustande kämen. Interessant ist es für mich auch, das Verhältnis dieser eher analysierenden und im Ergebnis beurteilenden Tätigkeiten mit meiner Symbolarbeit zu betrachten. Es sind zwei Pole eines Interessenspektrums, die gegensätzlich scheinen, sich aber auch gut ergänzen. Denn es ergänzen sich die langfristig gültigen und für unsere geistige Entwicklung bedeutsamen Themen mit solchen, die von befristetem Interesse sind, dafür aber einen engen Bezug zu wechselnden und für viele relevanten Alltagsaufgaben haben und schafft so ein anregendes Gleichgewicht.

Hochsommerpflanzenwachstum

Ich freue mich über alles, was aktuell im Garten wächst, grünt, blüht und fruchtet. Für manche Arten wirkt diese Regenphase wohltuend und belebend. Insbesondere meine extrem unwilligen Chilipflänzchen haben jetzt nach endlosem Stillsand endlich einmal einen kleinen Wachstumsschub hingelegt. Noch ein wenig größer und ich kann sie in ihren eigentlichen Pflanzkübel setzen. Dann wird es vielleicht doch noch etwas mit neuen Chilischoten und Nachschub für meinen nicht gerade kleinen Vorrat an extra-scharfem Chili-Pulver. Auch die Wunderbäumchen sind sehr schön gewachsen und falten inzwischen ihre enorm großflächigen Blätter aus. Die werden zu den diesjährigen Gartenhighlights zählen, auch weil ich diesmal so viele kräftige Exemplare zur Verfügung hatte.

Selbstbeschreibung und Motivation durch Themenbeiträge

Zaghafte Regungen und kurzes kommunikatives Aufbäumen sind nicht ausgeschlossen in diesen Tagen. Aber sie sind nach wie vor selten geworden und scheinen immer wieder abgebremst zu werden. So als wenn sich der Krisengedanke verselbständigt hätte. Das finden natürlich auch die Verweise auf meinen neuen Themenbeitrag zu komplexem Webdesign nicht die größte Resonanz. Es ist dennoch wichtig, die eigenen fachlichen Erfahrungen, die letztlich aus einer täglichen intensiven Auseinandersetzung mit den Themen resultieren, auch immer wieder schriftlich festzuhalten, zu komprimieren, die Essenz herausarbeitend und für den Interessierten zugänglich machend. Tatsächlich erfolgt irgendwann die Reaktion, ist der Beitrag Anlass und Ausgangspunkt für ein neu entstehendes Entwicklungsprojekt. So greifen die kontrollierende Selbstbeschreibung und die als Motivationsanlass verstandene Beratung ineinander und schaffen Themenräume, die für beide Seiten bereichernd sein können. Ich bin froh, dass ich noch eine andere mir im Magen liegende technische Unklarheit heute bereinigen konnte. Jetzt steht der sicheren Verwendung des Anfrageformulars in der Webpräsenz der Wunschbaum-Manufaktur nichts mehr im Wege. Denn jetzt können auch die für das Projekt unsensiblen Maschinen mit der gefundenen Lösung wieder leben.

Zu viel Feuchtigkeit

Wir scherzen schon mit Bezug zur Jahreszeit und im Vergleich mit dem, was wir erleben. Novemberwetter ist das fast schon, wenn es noch etwas kühler wird. Und so kommen tatsächlich Gedanken an die Adventszeit – mitten im Hochsommer. Wetterkapriolen kennen wir nun schon sehr lange. Aber so etwas in der Hochzeit des Sommers ist dann doch ungewöhnlich – und sehr demotivierend. So jedenfalls strahlen es die meisten Menschen zurzeit aus, und das verstärkt sich in der Kommunikation dann auch gegenseitig. Es kann nur noch besser werden, und das heißt dem Erwartbaren gemäßer. Hoffen wir, dass die Pflanzen durch zu viel Nässe in der falschen Jahreszeit nicht leiden. Zumindest bei den Blumen und Stauden kann das gefährlich werden, während die Bäume sich da noch gelassener zeigen.

Der Baumkreis als Armband

Unverhoffte technische Hürden sind mir auch an diesem Regensommertag nicht erspart geblieben. Das ist so ein Beispiel für Häufungen ähnlicher Problemlagen, so als ob diese Probleme sich gegenseitig infizieren würden. Immerhin, bei so viel den Kopf zerbrechenden formalen Beanspruchungen war es am Nachmittag eine Wohltat, die Arbeit an dem aktuell in Auftrag stehenden Baumkreis-Armband abzuschließen. Das ist wohl das kompletteste und symbolgesättigste Produkt, das ich überhaupt für Interessenten herstelle und anpasse. Die nicht ganz so häufige Gelegenheit ist insofern immer etwas Besonderes.

Ein fast perfektes Gleichgewicht

In unserer Ecke Deutschlands waren wir anders als gewöhnlich an diesem Tag mit trübem Wetter und Hochnebeldecke geplagt. Zwar noch warm, aber atmosphärisch so ungemütlich, dass man kaum glauben mag, es sei Hochsommer. Und wie immer an trüben Tagen hat sich das auch auf die Motivation und Kommunikationsfreudigkeit der Menschen ausgewirkt, die heute nicht vorhanden war. Gut für die eigene Projektarbeit, die so kaum Ablenkung kennt. So war dieser Arbeitstag für mich in ruhiger Stimmung zweigeteilt, in Kommunikationsarbeit am Vormittag und Holzarbeit am Nachmittag – ein fast perfektes Gleichgewicht, das wohltuend wirkte und ein wenig von jener Unwahrscheinlichkeit ausstrahlte, deren Reize für mich nie verborgen bleiben.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.