Krise, Normalität und zeitlose Gartenruhe

Den wohl ersten Trödelmarktbesuch seit Beginn der Pandemie hat uns heute in den Nachbarort geführt. Eine kleine Exkursion, die in ihrer Länge gerade ausreichend war, um an die Tradition anzuknüpfen und gewissermaßen die Übung nicht zu verlieren. Die Sehnsucht der Besucher dort nach einer Rückkehr des Gewohnten ist überdeutlich gewesen. Auch im Umfeld des Marktes herrschte, von den äußerlich sichtbaren Krisenanzeichen einmal abgesehen, ein Treiben wie früher auch. Dennoch hat sich in den Köpfen und Seelen natürlich etwas verändert, was auch später noch wirksam bleiben wird. Eine Art Ernüchterung, die alle Ungebremste zu verbieten scheint. Schwer zu sagen, ob man das gut finden soll. Aber eines ist gewiss: Nach einem Ausflug unter vielen Menschen und mit geschäftigem Trubel ist es für uns immer ein oasenhaftes Erlebnis, einige Wochenendstunden im Garten mit seinen Blumen, Stauden und Bäumen und mit den spätsommertypischen Geräuschen des Windes und der Vögel sowie der Menschen in benachbarten Gärten zu verbringen.

Zwischen Spätsommer- und Herbstgarten

Dass wir auf den Herbst zugehen, sehen wir auch an den jetzt anstehenden Gartenarbeiten. So haben wir bereits die meisten Sonnenblumen abgeschnitten, deren Blütenköpfe fast alle schon verblüht waren. Die kleineren habe ich auf der Bank für die Vögel ausgelegt, die sich in den nächsten Wochen sicher gerne daran bedienen werden. Und einige größere habe ich zum Trocknen zurückgelegt, um im nächsten Jahr aus den Samen neue Sonnenblumen zu ziehen. Auch etwa die Hälfte unserer Physalis haben wir abgeschnitten, alle, die bis zur Spitze schon rot gefärbte Lampions tragen, die sind jetzt in Bündeln nach Größe sortiert, zum Trocknen aufgehängt. Mit den Physalispflanzen ging es in den letzten Tagen plötzlich sehr schnell, auf einmal haben wir bemerkt, dass es doch nicht so wenige sind, wie ursprünglich vermutet. Ob ich daraus einen neuen Kranz binden kann, wenn sie abgetrocknet sind, weiß ich allerdings noch nicht, denn dazu benötige ich ziemlich viele. Auch wenn einiges schon entfernt werden musste, gibt’s doch noch einiges, das wir länger bewundern oder genießen können. So die Wunderbäume, die zu beachtlicher Höhe von bestimmt zwei Metern angewachsen sind und ihre riesigen Blätter ausbreiten. Deren Fruchtstände sind noch nicht eingetrocknet, so werden uns die Stauden noch eine ganze Weile erhalten bleiben. Dier Pfirsichbaum kann jetzt schon nicht mehr alle Früchte tragen, die teils von selbst abgefallen sind. In der Mitte des Baums haben sich die dicksten Pfirsiche konzentriert. Ich kann mir vorstellen, diese bis Ende der kommenden Woche zu ernten und dann in einem leckeren Kuchen zu verarbeiten.

Eine anregende Mischung jahreszeitlicher Eindrücke

Ich bin froh mit diesen Spätsommertagen, an denen wir uns viel draußen im Garten aufhalten können. Das ist nach so viel Regen und zu kühlen Temperaturen eine Wohltat und entschädigt ein wenig für den missratenen Hochsommer. Es ist jetzt Anfang September eigentlich schon Altweibersommerwetter, eigentlich ein bis zwei Wochen zu früh. Aber normal ist auf dem Gebiet ohnehin nichts mehr, da sind wir nicht mehr so empfindlich. Schön ist auch, dass mit den Weintrauben und den Pfirsichen im Garten auch der Herbst schon präsent ist, eine schöne und anregende Mischung mit gemischt jahreszeitlichen Eindrücken. Die Weinreben haben zum Teil allerdings in diesem Jahr eine Krankheit eingefangen, die dazu geführt hat, dass die Trauben selbst verdorben und nicht verwertbar sind. Das wird insgesamt bei den ohnehin stark geschwächten Stöcken wieder ein sehr mageres Weinjahr, bei uns wohlgemerkt, auf den richtigen Weinbergen vermutlich nicht. Aber Freude macht uns dieses Wachsen, Fruchten und Ernten im eigenen Garten eben doch, und wenn es wenig Ertrag gibt, ist auch die damit zusammenhängende Arbeit des Häckselns, Einmaischens und Kelterns auch weniger aufwändig, was V. in der gegenwärtigen Verfassung entgegenkommen dürfte.

Symbolformen als Verstärkung

Das Interesse an den Symbolformen der Wunschbaum-Manufaktur ist derzeit auffallend ausgeprägt. Schwer zu sagen, was solche Konjunkturverläufe wirklich beeinflusst. Aber die Jahreszeit, die ersten Andeutungen von Spätsommer in seiner typischen Ausprägung mit Licht, moderater Wärme und Laubfärbung, spielt möglicherweise eine Rolle. Weil diese Zeit besonders die Aufmerksamkeit vieler Menschen auf die Natur, speziell die Bäume und ihre zyklischen Wandlungen lenkt. Und damit natürlich auf die eigene menschliche Befindlichkeit und Veränderung. Das sind wechselseitige Beeinflussungen, die den Sinn fürs Symbolische schärfen oder vielleicht auch erst hervorholen. Ich freue mich, das mit Hilfe meiner Armband-Kreationen verstärken und intensiver wahrnehmbar machen zu können.

Spätsommerliche Sonne gegen Lethargie

Die Fahrt über Land am Nachmittag war eine willkommene Abwechslung und dadurch motiviert, dass wir den ersten spätsommerlichen Tag erleben durften, der der Jahreszeit typischerweise entspricht. Als Vorbote eines Indian Summer sozusagen, mit viel Licht und wärmenden Sonnenstrahlen v. a. am späteren Nachmittag. Das belebt die Menschen sichtlich, nach so vielen Wochen zu kalten und nassen Wetters. Auch wenn ein wirklicher Blätterherbst mit seinen ebenfalls wärmenden Farben noch nicht erkennbar ist, macht sich dazu gehörende Stimmung vermittelt durch die vegetabile Umwelt bereits breit. Ein kleiner von außen uns geschenkter Auftrieb, den die Menschen in ihrer mittlerweile unendlich erscheinenden Lethargie sehr gut brauchen können.

Hefeschnecken mit frischen Zwetschgen

Hefeschnecken mit frischen Zwetschgen

Ja, es war tatsächlich ein schlechtes Jahr für die Zwetschgen. Aber die Hand voll, die wir ernten konnten, haben wir heute gleich lecker verarbeitet. Ich denke, das sind unsere ersten Hefeschnecken. Auf den Geschmack bin ich sehr gespannt, und wenn die Zwetschgen nicht mehr zur Verfügung stehen, ist das Rezept sicher auch mit Rosinen oder Pudding umsetzbar.

Ganz schlechtes Zwetschgenjahr

Vs Zwetschgenernte ist wie schon angekündigt dieses Jahr extrem dürftig ausgefallen. Die wenigen Zwetschgen, die von unseren Bäumen geerntet werden konnten, sehen zwar ganz normal aus, auch was die Größe betrifft, aber es dürfte nicht mehr als ein Pfund sein. Unglaublich, wenn ich mich an die starken Obstbaumjahre erinnere, in denen gerade die Zwetschgen sich auf mehrere Zentner summiert hatten und neben zahlreichen Hefekuchen auch genügend eingemaischt werden konnte, so dass V. daraus Hochprozentiges brennen lassen konnte. Viel wird auch sonst nicht mehr kommen, vielleicht ein wenig Äpfel, und von unserem Garten-Pfirsichbaum einige Pfund Pfirsiche, die aber erst noch die volle Größe erreichen und reif werden müssen. Mit den erwartbaren Spätsommertagen mit mehr Wärme und Licht könnte das aber noch etwas werden.

Wachsende Aufgeschlossenheit für die Symbolik des Natürlichen

Die Aussicht auf einen sonnenreicheren September und damit hoffentlich auch auf einen klassischen Altweibersommer hält uns aufrecht. Gerade weil der Wunsch, nach draußen zu gehen und sich in der Landschaft zu bewegen, in diesen Tagen eher gering war. Tatsächlich sind die Menschen sehr unauffällig und zurückhaltend, scheinen von der sich verfestigten Krisenstimmung und Lethargie stark beeinflusst. Ich merke insbesondere durch die Anfragen an die Wunschbaum-Manufaktur, dass die Bedürfnisse nach Konstanz besonders im Bereich der natürlichen Grundlagen, nach wie vor und gerade in solchen Zeiten ausgeprägt bleiben. So freue mich über jede Gelegenheit, mit meinen Symbolformen aus Holz die Energie und Symbolik der Bäume für die Menschen nutz- und begreifbar zu machen, die für diese Dinge aufgeschlossen sind. Die Aufgeschlossenheit ist in diesem Jahr immerhin schon deutlich größere als im vollkommen im Krisenmodus verlaufenen Vorjahr. So zeigt die Erfolgskurve meiner Wunschbaum-Initiative im Schnitt und ungeachtet zeitweiliger Rückgänge doch noch oben.

Vitale Efeuhecke

Etwa zwei Monate nach dem radikalen Zurückschneiden ist unsere Efeuhecke jetzt wieder lückenlos zusammengewachsen. Das kahle Gehölz an der Oberseite der Mauer, an der sich der Efeu festgesaut hat, ist nicht mehr zu sehen. Und die gewünschte Gesamtform, mit einer durchgehend gleichen Höhe, ist jetzt auch erreicht. Gleichzeitig sind seitlich wieder jede Menge lange Triebe gewachsen, die von der Hecke abstehen. Der nächste Rückschnitt ist also schon angesagt, nur diesmal wird es einfacher, weil die störenden Spanndrähte und Trenngitter nicht mehr vorhanden sind, mit der Heckenschere lassen sich die Linien und Flächen künftig besser egalisieren. Auch das ist den Vorjahren ähnlich, dass während des Augusts wieder ein kräftiger Wachstumsschub durch die Hecke geht, nicht nur, aber ganz besonders beim Efeu, der das noch warme und mit Regenschauern durchsetzte Wetter sehr schätzt und sich damit sichtlich wohl fühlt.

Ungewisse Fruchtreife

Die Holzarbeit draußen ist in diesen Spätsommertagen noch angenehm, mit immerhin etwas wärmender Sonne am Nachmittag. Aber die Atmosphäre ist schon tendenziell herbstlich, wie auch das vegetabile Bild der satt grün belaubten Bäume, die teilweise schon herbstliche Verfärbung zeigen. Und mit den Früchten an Stauden und Bäumen. Erstaunlicherweise sind innerhalb weniger Tage die Pfirsiche auf stolze Größe angewachsen, nachdem sie Wochen nicht von der Stelle wollten. Ob sie allerdings reif und süß werden, ist fraglich, dazu fehlt es an Wärme und Sonnenstunden. Alles ist in Sachen Fruchtreife in diesem Jahr stark verzögert oder wird möglicherweise gar nicht mehr kommen. Bei den Chilipflanzen bin ich mir z. B. nicht mehr sicher, da sie bis jetzt noch nicht einmal geblüht haben. Wir wollen die schönen Seiten der Jahreszeit sehen und auf einen schönen Altweibersommer Mitte September hoffen.

Eine Erweiterung des fotografischen Spektrums

An diesem Projektarbeitstag hatte mich die Porträtfotografie vollständig in Anspruch genommen. Die Nachbearbeitung, die spezielle Optimierung mit Porträtsoftware und das Freistellen sind immer wieder eine Herausforderung, die mich sehr reizt. Letztlich will jede der porträtierten Personen ihren speziellen Typ optimal dargestellt wissen. Nicht ganz einfach bei Menschen, die man eigentlich nicht kennt. Aber die Aufnahmesituation beim Shooting ist schon auch ein Anhaltspunkt. Ich freue mich sehr, in den letzten Jahren neben meinem Steckenpferd, der Fotografie rund um Bäume, Holz und natürliche Strukturen auch die Menschen und ihre Individualität als Motiv entdeckt zu haben. Ohne die Kommunikationsprojekte wäre es wohl nicht zu dieser Ausweitung gekommen. So zeigt sich auch in diesem Bereich, dass berufliche Aufgaben auch für private Kreativität förderlich und bereichernd sein können. Ich hoffe, die Porträtierten sehen sich ebenso in meiner Machart des Porträts wieder.

Jahreszeiten, Hölzer und Energiedifferenzen

Die Holzarbeit am Nachmittag fiel genau in die Stunden, die von Licht und spätsommerlicher Sonne geprägt waren. Besser kann es nicht kommen, denn die kunsthandwerkliche Arbeit mit den verschiedenen Holzarten ist immer vom Licht begünstigt. Das Arbeiten daran während der lichten Jahreszeiten hat insofern eine ganz andere Qualität, näher am lebenden Baum als in der dunklen Jahreszeit, während der die rein symbolischen und energetischen Ebenen der Bäume in den gestalteten Formen viel stärker zum Tragen kommen, in Ermangelung einer Präsenz lebender Bäume und auch aufgrund der stärkeren Fixierung auf das Material während der Arbeit. Auch das hat seinen Reiz, den Reiz des isolierten Andersweltigen, würde ich sagen. Aber die Nähe zu den lebenden Bäumen, wie jetzt im Sommer, wenn die Gartenbäume in meinem Rücken grünen und fruchten, während ich die Hölzer in Form bringe, färbt schon ein wenig auf die Arbeitsprodukte selbst ab. So könnte man sagen, es gibt Sommer- und Winterarmbänder, auch wenn sie immer nach einheitlichem Plan hergestellt sind. Die Energie mag aber zumindest kurzzeitig eine andere sein.

Ahorn, Linde & Pappel

Nun ist auch das jüngste Armband-Set fertiggestellt. Und Vater, Mutter und Kind werden sich sicher an der Kombination von Ahorn, Linde und Pappel freuen, zumal alle drei Lebensbäume in allen drei Armbändern in gleicher Zahl enthalten sind. Eine begreifbarere Symbolik der Verbundenheit innerhalb der Familie kann man sich kaum vorstellen. Ich hoffe, alle werden dieses Symbolverständnis teilen bzw. die symbolische Kraft dieser vegetabilen Formen emotional erfassen. Dann wären der Sinn und Zweck der Formen ebenso wie des Geschenks erfüllt.

Vegetabile Symbolik und kommunikative Kreativität

Nach längerer Zeit wieder einmal eine größere Exkursion und eine porträtfotografische Herausforderung. Gemessen an der langwierigen Vorbereitung ist das Shooting wirklich gut verlaufen, so dass ich bei der Weiterbearbeitung nicht nur auf gute Ergebnisse zurückgreifen kann, sondern auch auf ein stimmiges kommunikatives Erlebnis zurückblicke. Natürlich fließt das ganz wesentlich in die Qualität der Ergebnisse ein, und für mich gehört das alles bei einem gelungenen Projekt zusammen: Die schlüssige Form der Ausführung, die flüssige Interaktion und eine auch außerhalb von Sprache spürbare und aufbauende Resonanz. Ich bin froh um meine Möglichkeit, die weniger spektakulären und kommunikationslastigen Arbeitsphasen kreativ nutzen zu können, um eben jene kommunikative Kreativität im richtigen Moment abrufen und in Form bringen zu können. Die Auseinandersetzung mit den Themen der Wunschbaum-Projekte haben an dieser kontinuierlichen Übung einen großen Anteil. Vielleicht gerade, weil sich der Austausch und die Reflexion rund um die Symbolik des Natürlichen größtenteils außerhalb oder besser grundlegend unterhalb menschlicher Kommunikationsprozesse abspielen.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.