Frühherbstliche Baumschnitte

Vor einigen Jahren hätten wir den damals noch kleinen Baum für nicht so entwicklungsfähig gehalten. Tatsächlich hat sich die Edelkastanie in Js und Ws Vorgarten zu einem prächtigen Individuum ausgewachsen, das sich äußert wuchsfreudig zeigt und jetzt schon zahlreiche Früchte trägt. Im Vorjahr hat W. schon den unteren Ästekranz entfernt. Und heute haben wir das Zurückschneiden fortgesetzt, um den Baum in Form zu halten und damit man sich auch darunter problemlos bewegen kann, ohne den Kopf einziehen zu müssen. Und weil wir gerade dabei waren, haben wir die Arbeit am benachbarten Walnussbaum weitergeführt. Bei dem allerdings war der Bedarf geringer, noch etwas geringer bei dem kleineren Zierkirschenbaum auf der anderen Seite. Nun gibt’s keine Konflikte mehr mit dem Nachbargrundstück und auch die Regenrinnen sind nicht mehr durch überhängende Äste und verstopfendes Laub gefährdet. Eine schöne Gemeinschaftsarbeit an diesem wunderbar angenehmen, sonnigen und wohltemperierten Frühherbsttag. Da freue ich mich schon auf den nächsten Ausflug, aber diesmal ohne Arbeit und nur mit Vergnügen.

Zwischen unheimlich und anziehend

Holzasche

Die Relikte des Obstbaumschnitts, die V. schon vor Monaten zu einem großen Haufen zusammengetragen hat, wirkten in diesem Jahr nicht so mächtig wie zuvor. Natürlich, es waren einfach weniger Bäume, die geschnitten werden mussten. Aber teilweise lag das auch daran, dass das Material gut angetrocknet war im Verlauf des heißen Sommers. Für den Brand war das von großem Vorteil. Jedenfalls war das Material in ungewöhnlich kurzer Zeit in Asche verwandelt. Die Fotografien der fahlgrauen bis fast weißen und substanzlos wirkenden Holzasche faszinieren mich immer wieder. Wie ein unendlich kompliziertes Gewirr von Strukturen, das trotz seiner leblosen Masse wie durch unsichtbare Kreaturen belebt zu sein scheint. Das liegt irgendwo zwischen unheimlich und anziehend, jedenfalls unergründlich und nie auch nur annähernd fassbar. Nach dieser Erfahrung der Reduktion einer großen Biomasse zu fast Nichts war die Dekorationsarbeit mit den zwar auch schon toten, aber an ihrer Oberfläche so viel von ihrer einstigen Lebendigkeit ausstrahlenden Strohblumen ein willkommener Kontrast, der diesen schönen Frühherbsttag zu einem erlebnisreichen hat werden lassen.

Akzentverschiebungen

Nun erleben wir doch noch etwas verspätete Altweibersommertage. Und tatsächlich, die silbrig glänzenden Spinnwebfäden, die dieser Zeit ihren Namen gaben, begegnen mir im Garten schon am Morgen, wenn ich als erste zielgerichtete Tat des Tages die seit dem Vortag geöffneten Strohblumenblüten abschneide. Zunächst unsichtbar kleben sie einem immer wieder im Gesicht, wie eine unerwartete Wand, die an Wildnis und Unwegsamkeit erinnert. Und jedes Mal erschrecke ich ein wenig. Wenn ich es aber rechtzeitig sichte, scheue ich mich sehr, das Netz zu zerstören. Zu viel Respekt habe ich vor dieser architektonischen Leistung der Spinnen und ihre Ausdauer, es mit dem Spinnen immer wieder an vermeintlich geeigneter Stelle zu versuchen. Die Bäume sind mir gegenwärtig merkwürdigerweise weniger durch ihre Gestalt präsent. Vielmehr sind es die Farben, Farbtupfer, Akzente innerhalb der Landschaft, die mir bei Gehen und Vorbeifahren die neue Jahreszeit anzeigen und die in dem Moment fast vergessen lassen, dass es die Bäume sind, die uns diese Akzentverschiebungen offenbaren.

Kreativer Herbst

Der Einundzwanzigste war natürlich ein guter Tag für die lange geplante Präsentation. Man konnte bei allen Teilnehmern eine gewisse Entspannung feststellen, was sehr dabei half, das Projekt auf eine kalkulierbare Schiene zu stellen. Da ich etwas zu früh vor Ort war, habe ich die frühe Vormittagsstunde genutzt, durchs Dorf zu schlendern und die ruhige Atmosphäre dieser Tageszeit einzuatmen. Schön, wie unaufgeregt ein Tag in ländlichen Gefilden beginnen kann, der am Übergang von Spätsommer zu Frühherbst platziert ist. Meine Stimmung ist jetzt schon auf Herbst ausgerichtet. Kreativ habe ich das heute mit einer weiteren Fotosession zum Motivfeld Strohblumen thematisiert, diesmal mit einem dichten Teppich aus getrockneten Strohblumen. Diese Gelegenheit wollte ich nutzen, bevor ich die einzelnen Blüten auf andere Formen, v. a. Kränze übertrage. Das wird die Motivserie dann in einer weitere Variante vervollständigen. So eingestimmt kann ich mir dieses Jahr sehr gut vorstellen, wieder einmal verstärkt die Herbstblätter der Bäume zum Thema zu machen. Es ist eine Zeit, die ein meditatives Herangehen an solche Projekte ermöglicht. Ich hoffe, dafür die jeweils richtigen Zeitpunkte zu finden.

Mehr Zeit fürs Wesentliche

Eine echte Mammutarbeit konnte ich heute abschließen. Aber die Verfeinerung bestimmter Arbeitsschritte meiner kunsthandwerklichen Arbeit mit Holz zahlen sich zwischenzeitlich aus. Bestimmte Routinen sind leichter und damit auch schneller, gleichzeitig sogar noch ein Stück exakter umsetzbar. Im Ergebnis bedeutet das etwas weniger körperliche Anstrengung. Ein Gewinn, der auf der anderen Seite in die Gleichmäßigkeit der Ausführung und in die begleitende Symbolarbeit investiert werden kann. Unterm Strich ist es dann zeitlich nicht weniger aufwändig als bisher, aber irgendwie professioneller. So freue ich mich, auch nach 15 Jahren Erfahrung mit diesen Projekten noch mehr Zeit und Aufmerksamkeit dem eigentlich Gegenstand, den Bäumen, ihrer Symbolik und Ästhetik schenken zu können.

Einstimmung auf den Herbst

Bei dem frühherbstlichen Wetter, das nur wenige Sonnenmomente kennt und zwischendurch immer wieder Regen aus der dichten Wolkendecke fallen lässt, hat die Arbeit draußen etwas Meditatives. Nicht so isoliert und abgeschottet wie im Winter, wenn ich in meiner Kellerwerkstatt tätig bin, dann bei künstlichem Licht. Sondern eben noch im Freien, wo bis mindestens 7 Uhr abends das natürliche Tageslicht noch ausreicht, und von den typischen Geräuschen begleitet, die der Wind im Zusammenspiel mit den Baumkronen, Pflanzen und Vögeln, gemischt mit unvermeidlichen Zivilisationsgeräuschen, an die Ohren heranträgt. Eine Arbeit, bei der man die Zeit leicht vergessen könnte, wenn nicht die eine oder andere Anbindung ans verpflichtende und eng getaktete Tagesgeschäft durchstoßen würde. Aber in seiner Art anrührend und so, dass ich mich sehr gut auf die neue Jahreszeit einstimmen kann.

Blumen und andere Archetypen

Im Frühsommer hätte ich noch nicht gedacht, dass mir die selbst gezogenen Strohblumen so viel Freude, aber auch so viel Arbeit machen würden. Das tägliche Selektieren, das sich erst jetzt, wegen der sonnenarmen Tage, in größeren Abständen einstellt, und das sorgfältige Trocknen und Nachselektieren gehören schon seit Wochen zum Programm. Aber sie dekorationsfähig zu machen, war dann doch noch einmal eine besondere Herausforderung. Heute endlich bin ich dazu gekommen, jede der Auserwählten mit einem künstlichen kurzen Stängel aus dünnem Draht zu versehen, der die Blüten flexibel arrangierbar werden lässt. Nun fehlen noch die richtige Befestigungsformen. Styropor ist eine Möglichkeit, die sich bei einem Test schon als machbar, wenn auch nicht ganz einfach herausgestellt hat. Und außer beim Material werde ich auch für die Form oder Silhouette verschiedene Möglichkeiten testen, um die Faszination dieser konservierten Blüten möglichst augenscheinlich zu machen. So wird mir immer verständlicher, dass die Blumen neben den Bäumen und einer Hand voll weiterer archetypischen Formen zu den stärksten Symbolträgern überhaupt gehören und so gut geeignet sind, als Spiegel menschlicher Befindlichkeit und menschlicher Entwicklung zu dienen.

Symbolische Wärmespender

Fast eine Kopie des Vortags, nur dass man am Nachmittag phasenweise den Eindruck haben konnte, der Altweibersommer kehre zurück. Bei den Strohblumen haben es dennoch nur 2 geschafft, ihre Blüten während des Tages zu öffnen. Das ist schon seit Wochen nicht mehr vorgekommen. Deshalb rechne ich bei dem nächsten wirklichen Sonnentag mit einem riesigen Aufkommen all der Blütenköpfe, die sich in den Regentagen in Ruhe entwickeln konnten. Heute waren es gleich 6 Hölzer, an der Charakter ich mich abarbeiten konnte: Zeder, Linde, Weide, Esche, Zypresse und Kiefer. Ein schönes Spektrum, das mir vor allem durch den Duft der mit Öl oder Harz durchsetzen Arten die jetzt schon vermisste Wärme symbolisch zurückgebracht hat. Die beste Arbeit, die an diesem durchwachsenen Samstag vorstellbar war.

Ein wenig durchatmen

Die milderen Temperaturen tuen zwischendurch gut, nur mehr Sonne würde ich mir wünschen. Außerdem spart das Gießwasser und gönnt den Pflanzen eine Atempause, in der sie ihren Flüssigkeitsvorrat auffüllen können. Ich hoffe, dass das den Feigen gut tun wird und sie vor allem dicker werden lässt, immer vorausgesetzt die Wärme und Sonne kommt wieder zurück. Ohne das nämlich kann es nichts werden mit der Fruchtreife, mit der der Baum in diesem Jahr ohnehin sehr spät dran ist. Noch kann ich keine auch nur annähernd reife Feige entdecken. Auf unserer Schiefertafel stehen nach wie vor nur zwei Kreidestriche, für die zwei Vorfeigen, die wir vor Monaten gepflückt haben. Nun freue ich mich auf das Wochenende, die ruhige Holzarbeit im Freien und die Versuche, die ich mir bezüglich der richtigen Befestigung der getrockneten Strohblumen vorgenommen habe.

Arbeiten rund um den Wechsel der Jahreszeit

Das Arbeitszimmer ist jetzt wieder deutlich heller, denn die langen und an großflächigen Blättern reichen Triebe der Weinreben sind zurückgeschnitten. Und die Weintrauben bis auf einige wenige vollständig gelesen. Das geschnittene Blattwerk ist in einer konzentrierten Gemeinschaftsaktion auch bereits in Grünzeugsäcke verfüllt, so dass V. sie morgen zur Grünschnittdeponie bringen kann. Insgesamt also ein Weinleseprojekt, das in diesem Jahr nicht mehr als zwei Tage in Anspruch genommen hat. Natürlich stehen noch das Einmaischen, Keltern und Einkellern bevor. Aber das geschieht Schritt für Schritt und wird spätestens Mitte kommender Woche ebenfalls unter Dach und Fach sein. Gut so, denn gewisse Dekorationsvorhaben zum Herbst warten ebenfalls darauf, umgesetzt zu werden. Da ist es beruhigend, die Routinearbeiten schon hinter sich zu haben. Holzarbeiten werden meine nächsten Arbeitstage weitgehend ausfüllen. Eigentlich eine schöne, auf den Wechsel der Jahreszeit bezogene Auslastung unserer Aktivität.

Es wird wieder lichter

Nun ist der erste Abschnitt der Trauben schon gelesen und auch schon zurückgeschnitten. In diesem Teil des Gartens ist dadurch schon alles viel lichter. Gut für die eine oder andere Pflanze, aber schade, weil es das so schön durch Blattgrün gefilterte Licht reduziert. Immerhin hat der Nachwuchsfeigenbaum endlich Luft und kann mehr Sonnenlicht tanken. Und die kleinen Gleditschien konnten im Halbschatten bisher auch nicht zu ihrer Hochform auflaufen. Bei den Strohblumen wird es jetzt schneller gehen, die Blüten werden sich in schnellerem Rhythmus öffnen. Viel Material für die geplanten Dekorationen, mit denen ich jetzt endlich einmal beginnen will. Eine Zeit für die Ernte eben, die in unserem Garten wahrscheinlich erst viel später, so Mitte Oktober, mit den sich aktuell noch schwer tuenden Feigenfrüchten ihren Abschluss finden wird. M. freut sich darauf schon besonders.

Zeit für die Lese

Eine subtropisch wirkende, häufig stehende Hitze verfolgt uns in diesen Tagen des Altweibersommers. Genauso ungewöhnlich für die Jahreszeit wie der bisherige Sommerverlauf insgesamt nicht dem Üblichen entsprach. Und der Bruch am Donnerstag ist bereits angekündigt. Es scheint so, als ob wir aus dem Anpassungsstress in Sachen Sommerwetter nicht mehr herauskommen. Für V. bedeuten die Aussichten, dass jetzt die hauseigenen Weintrauben erntereif sind. Natürlich könnten sie noch weitere zwei bis drei Wochen vertragen. Aber V. ist immer früher dran als richtige Winzer, und das hat auch seinen Grund in der besonderen Lage der Weinreben. Auch ist die Gefahr groß, dass nach den hohen Temperaturen jetzt, der Abfall und der wohl ebenfalls auftretende Regen die Früchte platzen lässt. Das wäre schade und würde die ansonsten vielversprechenden Ertragsaussichten schmälern. So werden wohl die meisten Früchte schon bis zum Wochenende eingemaischt sein und V. um ein für ihn bedeutsames Projekt in dieser Saison erleichtert.

Für mehr Überblick im Fotoarchiv

Kaum habe ich die über ein Jahr angelaufenen Fotografien durchgesehen, bearbeitet und archiviert, sammeln sich schon wieder Massen neuen Materials an. Ich habe mir vorgenommen, nicht mehr so lange mit der Selektion zu warten, damit es nicht zu unübersichtlich wird. Aber es ist gut, eine neue Ordnung hergestellt zu haben. Die vielen Fotos mit verschiedenen Baum-Sujets, Blüten, Blätter, Früchte, Makros, Landschaften, Jahreszeiten, Holzstrukturen, machen immer noch den größten Anteil aus. Die anderen Motivfelder legen allerdings allmählich zu, vor allem die Oberflächen- und Materialstrukturen und das weite Feld von Vintage-Motiven. Letzteres fordert mich immer wieder aufs Neue heraus. Die nächsten Serien in diesem Bereich stehen schon bevor. Denn der weibliche Zwicker aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts wartet darauf, als Hauptmotiv festgehalten zu werden. Die passenden Bildinszenierungen dazu müssen mir noch einfallen.

Unerfülltes Baumszenario und eine Begegnung mit der Vergangenheit

Kunstinstallation auf der Bildhauerwiese des Kunstzentrums

Ein bisschen Wehmut kam dann doch auf bei dem Besuch an einem Ort, den ich vor siebzehn Jahren zuletzt gesehen hatte. Nach dreieinhalb Jahren intensiver und engagierter Arbeit im Kunstzentrum war es damals an der Zeit, Abschied zu nehmen und ein eindrückliches Stück beruflicher Erfahrung hinter mir zu lassen. Mein Wunsch war es, irgendwann wiederzukommen, wenn der Nachfolger des großen Kirschbaums, der lange an der Ecke der Bildhauerwiese stand und eines Tages vom Sturm zerstört und, schon ganz hohl, vollständig gefällt worden war, wenn der Nachfolger dieses Baums eine vergleichbare Größe haben würde. Das Foto zeigt diese Ecke, aber der nachgepflanzte Baum steht dort nicht mehr, stattdessen ein verzweigter und ausgeblichener Totholzast. Offenbar ist der Teil einer Installation in diesem Hofraum. Oder sollte der Ast tatsächlich von dem damaligen Baum stammen, also mit Bedacht und lokalem Bezug dort platziert worden sein? Ich konnte das nicht in Erfahrung bringen, ebenso nicht, warum der Baum weichen musste und sich mein Zukunftsszenario somit nicht erfüllen konnte. Das ist schade, aber wichtig war der Besuch an sich, diese Wiederbegegnung im großen zeitlichen Abstand. Eine Wiederbegegnung, die von dem Fahrweg dorthin bis zu der Gebäudekonstellation des Zentrums selbst mit Reminiszenzen nur so angefüllt war. Vieles ist mit früher identisch, anderes leicht verwandelt, und wieder anderes hinzugekommen. Vollkommen ausgetauscht aber schienen heute die Menschen selbst. Jedenfalls konnte sich keiner derjenigen, mit denen wir sprechen konnten, an die von mir erlebte und für mich so bedeutsame Zeit an diesem Ort erinnern bzw. kannten sie den Ort damals noch nicht. So bleibt die Begegnung mit der Vergangenheit unabgeschlossen, mit der Option einer Fortsetzung bei neuen Begegnungen. Der Anfang heute war stimmig und richtig.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.