Unsensibler Baumschnitt

Dieses Bild scheinbar blindwütiger Verwüstung der Baumlandschaft scheint in diesen Wochen weit verbreitet zu sein. Bei der heutigen Autofahrt habe ich ständig Waldränder passiert, die mit teils sauber gestapelten, teils wild durcheinander liegenden Stämmen und Astschnitt übersät waren. Es wird einige Zeit brauchen, bis das wuchernde Grün dieses Bild erträglicher gestaltet. Und noch länger, bis die Abschnitte abtransportiert sind. Falls überhaupt, denn immer wieder begegne ich ganzen Stapeln vor Jahren gefällter Stämme, die niemals abgeholt werden und deshalb an Ort und Stelle vermodern. Immerhin einige Insekten haben dann etwas davon. Wahrscheinlich würde mich das weniger aufregen, wenn so etwas wie System erkennbar wäre. Tatsächlich aber wechseln sichtbare und nachvollziehbare Rückschnitte mit unmotiviertem Schneisenschlag ab. Dahinter steht in jedem Fall mangelnde Sensibilität und ausgeprägte Gleichgültigkeit gegenüber den ästhetischen Werten unserer Kultur- und Baumlandschaft.

Der Buchsbaum, das Aschenkreuz und die Transformation

Es steckt so viel Symbolisches darin, und doch registriere ich in der eigenen Wahrnehmung einen Verlust von Innerlichkeit und emotionaler Beteiligung bei so manchem Ritus, den ich in Kindertagen beim den heiligen Messen kennengelernt habe. Das Aschenkreuz ist einer davon, dem ich heute wieder begegnen will. Es markiert den Anfang der Fastenzeit und verweist damit bereits vor auf das Osterfest und seine zentrale Botschaft der Wiederauferstehung. Wir bereiten uns quasi als Menschen selbst auf die eigene Erneuerung vor, indem wir uns zunächst einmal daran erinnern, dass wir sterblich sind und alles Handeln vor diesem Hintergrund nur für kurze Zeit Bedeutung haben kann. Im Aschenkreuz ist in verwandelter Form der Palmzweig des Vorjahres enthalten und damit ein Symbol des Sieges. Denn die vorjährigen am Palmsonntag gesegneten so genannten Palmzweige, die in unserer Gegend in der Regel aus Buchbaumzweigen bestehen, werden zuvor verbrannt. Die daraus entstehende Asche wird für die Aschenkreuze verwendet. Es ist wie eine vorweggenommene Auferstehung vierzig Tage vor der eigentlichen Feier derselben. So ist im Niedergang und der Vernichtung bereits der Keim für das neue Aufleben enthalten. In den nächsten Wochen können wir uns darauf vorbereiten. Ich hoffe, dass solcher Sinn in der tradierten Form nicht verloren geht und auch außerhalb der Fastenzeit im Bewusstsein bleibt.

Schöne Haselzweige

Die Haselruten mit den schon langen Kätzchen, die ich gestern mit M. am Flussdamm gesucht habe, zaubern bei diesem tristen Wetter gleich eine frühlingshafte Stimmung ins Haus. Der Hasel ist in seiner Blüte schon weit fortgeschritten und wird damit bald auch zum Abschluss kommen, besonders nach dem länger anhaltenden Regen. Mit den immer länger werdenden männlichen Blütenständen gehören sie zu den attraktivsten jetzt schon aufgewachten Bäumen, auch und gerade in der Landschaft. Für die übrigen mit grauen und schwefelgelben Flechten besetzten Zweige des Weißdorns und des Heckenrosen haben wir noch keine konkrete Verwendung gefunden. Vielleicht ist es jetzt auch nicht der richtige Zeitpunkt. Besser vorstellen kann ich mir, sie zum kommenden Winter in der Wohnungsdekoration zu verwenden, gerade für die Zeit zwischen dem Ende der Weihnachtszeit und dem Frühlingsbeginn. Jetzt aber steht dieser Beginn schon zu knapp bevor. Das jedenfalls hoffen wir sehr.

Jahresringstruktur als Baum- und Lebenssymbol

Die gestrige Fototour hat mich wieder einmal auf die thematische Spur der Stammquerschnitte gebracht. Sie gehören einfach zu den deutlichsten für das Wachstumsprinzip des Baums und damit das Leben selbst stehenden natürlichen wie symbolischen Formen. Eine Möglichkeit, das Wesentliche daran herauszuarbeiten, ist die Fassung als skalierbarer Vektor. Darin habe ich mich heute am Beispiel meines erfolgreichen Kiefernquerschnitts versucht. Dies stellt ein angeschnittenes Quadrat aus dem Zentrum des Stamms dar.

Jahresringe einer Kiefer, aus: Jahresringstruktur als Baum- und Lebenssymbol

Starke Buchen

Schnittkanten frisch gefällter Buchenstämme, aus: Starke Buchen
Buchenabschnitte, aus: Starke Buchen
Abschnitt eines Buchenastes, aus: Starke Buchen

Den heutigen Weg, einen meiner Lieblingswege, bin ich schon einige Male am Rosenmontag gegangen. Da aber morgen Regen angesagt ist, habe ich es vorgezogen, bei schönem nachmittäglichem Wetter. Der abwechslungsreiche Wanderweg an sich braucht eigentlich keine besonderen Attraktionen. Aber zu dieser Jahreszeit fällt, in Ermangelung sonstiger Akzente, die forstwirtschaftliche Betriebsamkeit besonders auf, vor allem an den Waldrändern, an die zuvor geschlagene Stämme und Stammabschnitte transportiert und dort dann gelagert werden. Diese Ansammlungen frisch gefällter Stämme übt auf mich immer wieder eine Anziehung aus. Da steckt so viel Kraft drin, dass man denkt, der Baum, obwohl in Einzelteile zerlegt, lebe noch weiter, hätte sich von seiner verwurzelten Vitalität noch nicht verabschiedet. Ein letzter großer Auftritt, eine Demonstration der Stärke, bevor er irgendwann in der Unsichtbarkeit verschwindet, um wiederum viel später durch sein verarbeitetes Holz wieder in Erscheinung zu treten und seine Individualität in neuer Form zum Ausdruck zu bringen.

Ergiebiges Apfelbaumbrennholz

Gegen Ende der Holzofensaison sind die richtig guten Brennholzabschnitte am Grund des Vorrats aufgetaucht. Schwere, dichte und langanhaltende Abschnitte unserer ausrangierten alten Apfelbäume, die schon seit Jahren gelagert waren und seither nichts an ihrer Schwere eingebüßt haben. Das ist natürlich sehr ergiebig, noch mehr als Eiche oder Buche, und erst recht kein Vergleich zu dem so schnell heruntergebrannten Fichtenholz, das wir überwiegend, weil von dem ehemaligen Privatwald stammend, zum Befeuern verwenden. Jetzt bin ich umso zuversichtlicher, dass der ofengerecht zerkleinerte Vorrat bis zum Ende der Saison ausreicht. Falls doch nicht, wäre es auch kein großes Problem, weitere Abschnitt heranzubringen, und den dann kalkulierbaren Rest zu sägen und zu spalten.

Ungewöhnliche Bildideen

Nun bin ich mit der Durchsicht meiner jüngsten Fotografien ziemlich weit, nur die Weihnachtsmotive fehlen noch. Da ist Ende des Jahres einiges zusammen gekommen. Eine enge Auswahl davon dürfte auch für Microstock verwendbar sein. Aber das erfordert wiederum verschiedene Filterdurchgänge. So viele, bis ich ganz sicher sein kann. Daneben gibt’s die Motive, die zwar atmosphärisch dicht und symbolträchtig ausfallen, den Kriterien der Agenturen aber nicht entsprechen. Das sind die richtigen für die nächstjährige Weihnachtsgrußkarte. Denn die Bildlogik bei solchen Verwendungen ist eine ganz andere. Das Geheimnis aller Fotoaufnahmen ist dabei eigentlich immer der Weihnachtsbaum, der mal deutlicher und erkennbarer, mal ausschließlich indirekt über die von ihm erzeugte Lichtstimmung im Bild präsent ist. Unter dem Einfluss dieser nur in der Advents- und Weihnachtszeit möglichen Stimmung ist mir diesmal auch die Umsetzung ungewöhnlicher, in meinem bisherigen Portfolio so noch nicht vorhandener Bildideen gelungen. Es wird eine Frage des Abwägens und Auslotens werden, inwieweit diese Ideen möglichst allgemeinverständlich und anstrengungslos in den einzelnen Auswahlfotos durchscheinen.

Ein sich selbst erneuernder Prozess

Kurzzeitige Pausen sind ganz förderlich, auch bei der Arbeit mit Holz. Die Unterbrechungen gehören irgendwie dazu, wenn ein langfristig angelegtes und wirksames Projekt entwicklungsfähig bleiben soll. Vollständige Durchgängigkeit wäre deshalb für die Arbeit der Wunschbaum-Manufaktur schädlich. Der Abstand, die laufende Selbstbeobachtung würde darunter leiden. So merke ich, dass nach Sturm-und-Drang-Phasen, wie der von Mitte November bis Ende Januar, einige Wochen Ruhe wirklich gut tun. Die erste Arbeit nach dieser Pause kann ich dann wieder ganz unbeschwert angehen, ohne konzentrierten Termindruck. Bei solchen Rhythmen kann sich die Arbeit immer wieder neu erfinden, sich dabei selbst beobachten und verändert damit auch unmerklich ihre Gestalt, auch wenn die Materialien und die Produktidee weitgehend konstant bleiben. Jeder Interessent hat ein anderes Anliegen und andere Maßwünsche. Jede neue Kombination ist etwas Bedeutungsvolles, in dem sich die ganze Symbolik der Projekts je individuell entfalten kann. Bleibt mir zu wünschen, dass dieser sich selbst erneuernde Prozess möglichst wenigen Störungen ausgesetzt ist.

Holzstrukturen bleiben beliebter Hintergrund

Der Stammquerschnitt der vor einigen Jahren gefällten Eiche ist bei allen Agenturen angenommen worden. Ein Zeichen für die anhaltende Beliebtheit und universelle Verwendbarkeit von Holz-Hintergründen. Tatsächlich beobachte ich das täglich beim Blick auf Zeitschriftenbeiträge, Magazingestaltungen, Anzeigen und Produktwerbung. Sehr häufig dient eine Holzstruktur als neutraler und wie selbstverständlich wirkender Hintergrund, der als solche nicht bewusst wird und deshalb das beworbene oder dargestellte Objekt umso deutlicher hervortreten lässt. Wie ein Vehikel, ein Trägermedium für anderes werden diese Hintergründe verwendet. Meist allerdings Wände, Türen, Tore, Zäune oder Platten aus gehobelten und bereits verarbeiteten Hölzern. Rohe Stammquerschnitte oder Baumscheiben sind in dem Zusammenhang nicht ganz so häufig zu sehen. Vermutlich weil das konzentrische Muster selbst eine starke Form repräsentiert, die vom Vordergrundobjekt zu sehr ablenken könnte. So erkläre ich es mir auch, dass mein Favoritenfoto, die blasse und glatte Baumscheibe einer Kiefer, seit Jahren so beliebt ist. Trotz der Ringstruktur und der deutlichen Natursymbolik ist das Motiv doch unaufdringlich genug, um anderes nicht gleich zu dominieren.

Symbolische Repräsentanz

Ein Einundzwanzigster mit warmer, aber regnerischer Witterung und trüber Wolkendecke. Nichts, das einen nach draußen zieht, eher ein Wintertag, der zu kreativer Arbeit Innen herausfordert. So stand auch die intensive Arbeit an Details, u. a. an meinen Microstock-Portfolios und darin enthaltene Baum- und Holz-Fotografien im Vordergrund. Darin tauchten dann auch das Licht und die Sonne auf, die wir aktuell vermissen. Und wie so oft hilft die symbolische Repräsentanz über Motivationstiefs hinweg. Erinnert uns an das noch Unsichtbare, da aber bald schon wieder dominierend sein wird.

Winterblick auf Frühling

Unser Brennholzhaufen schrumpft von Tag zu Tag. Mehr als die Hälfte davon haben wir in diesem Winter bereits verfeuert. Dass er nicht ausreicht, ist allerdings unwahrscheinlich, zumal V. zwischendurch immer noch Abschnitte aus einem anderen Vorrat dazwischen gemischt hat. Außerdem hat M. schon angekündigt, mit dem Februar auch die Holzofensaison hinter sich lassen zu wollen. Ich weiß noch nicht, ob das mit der tatsächlichen Witterung in Deckung zu bringen ist. Aber auch bei einer 2 bis 3 Wochen längeren Holzbrandsaison wird uns der Brennstoff nicht ausgehen. Und die Gedanken gehen ohnehin schon immer öfter in Richtung des Frühlings. Wir suchen unsere im Vorjahr gekauften Blumensamen heraus und überlegen uns den richtigen Zeitpunkt für die Aussaat in Anzuchttöpfchen auf der Fensterbank, und denken gleichzeitig über weitere Besorgungen in dieser Richtung nach. V. hat die Saison ja auch schon ganz handfest vorweggenommen, mit seinem Rückschnitt des alten Feigenbaums, dessen desolaten Zustand er inzwischen selbst nicht mehr leugnen konnte. Der Winter hat den morschen Abschnitten den Rest gegeben. So ist jetzt nach dem Rückschnitt, der eher einer Amputation glich, nur noch die eine Hälfte des Baums vorhanden, der einige junge Triebe des Vorjahres trägt. Ich meine, wir müssen auch diesen Teil noch etwas ausdünnen, in der Hoffnung, dass die vorhandene dünne safttragende Außenschicht des Stamms den Baum noch ausreichend versorgen kann. Ein Trost ist, dass Feigenbaum Junior immerhin dieses Jahr keinen Schatten von oben zu befürchten hat und stärker vertikal wird wachsen können, um sich als Nachfolger zu positionieren. Und wenn bei unserem Oldtimer im Herbst letzte reife Früchte erntereif werden sollten, wäre das ein letzter tröstlicher Erfolg.

Lichter Querschnitt

Verwitterter Stammquerschnitt einer Eiche

Das Licht hat an diesem Sonntag mehr Menschen zu Spaziergängen bewegt, als ich es von sonstigen Sonntagen kenne. Man merkt, dass viele die Gelegenheit nutzen wollen, bevor die trüben Tage wieder kommen. Um den Kopf freizumachen, um der Arbeitswoche einen naturnahen Erlebnisakzent entgegen zu setzen. Das geht mir nicht anders. Vom Licht und der Ahnung einer Frühlingsluft abgesehen, sind mir heute wieder mehr die verwitterten, von den Spuren der Kettensäge geprägten, vor längerer Zeit gefällter Stämme aufgefallen. Von dem einer Eiche, den ich bei jedem meiner Gängen dort passiere, habe ich eine Reihe von Nahaufnahmen gemacht, deren Gelingen von dem zeitweise hellen Licht begünstigt war.

Baumwunden und technische Effizienz

Der Kahlschlag, genauer das kerzengerade abrichten von Bäumen am Straßenrand mithilfe einer Fräse, war auf der heutigen Autobahnfahrt überall zu sehen. Zunächst fallen die an den Böschungen aufgestapelten Stammabschnitte auf, dann die teils wüsten Wunden, die die Fräse in die kahlen Baumgerippe geschlagen hat. Eine techniklastige Logik, die das Auge beschämt und wie eine Vergewaltigung der nichtsahnenden Bäume wirkt. Nur um wieder für einige Jahre Ruhe zu haben. M. meinte, die Linien seien noch nicht einmal gerade. Aber das sind sie tatsächlich wohl schon. Bei den unregelmäßig gepflanzten und je individuell gewachsenen Bäumen einer Reihe durchbricht die Maschinenlinie aber die über Jahre gewachsene und den Bedingungen am Standort geschuldete Individuelle Form, woraus etwas resultiert, das wie Zerstörung wirkt. Die Bäume werden das über lange Zeit irgendwie kompensieren, werden versuchen, von der Grundlage aus, ihr Wachstum neu auszurichten und eine neue eigene Form zu finden. Die natürlich entstandene Gestalt ist aber erst einmal unkenntlich gemacht.

Brutaler Routineschnitt bei Traubenkirschen

An den Wegrändern zeigen sich jetzt überall die Radikalrückschnitte großer Bäume, die von der Gemeinde häufig gegen Ende des Winters durchgeführt werden. In diesem Jahr waren es vor allem die hoch herausragenden Traubenkirschbäume, die fast auf halber Höhe abgesägt wurden. Für mich verwunderlich. Denn selbst hätte ich das bei einem Kirschbaum nicht gewagt. Wenn sie ähnliche Wuchseigenschaften wie Süßkirschen haben sollte, werden sie das nicht gut vertragen, wenn sie sich überhaupt wieder davon erholen. Wie immer scheint aber vor allem die praktische Erwägung im Vordergrund zu stehen. Den Laubfall der Bäume in Grenzen zu halten und eine Kollision mit Hochspannungsleitungen unbedingt zu verhindern. Die Folge ist aber auch ein wüstes Bild der Bäume, die zwischen Damm und Hinterhöfen gepflanzt sind, zurzeit also ihre abgrenzende Funktion, vor allem den Sichtschutz nicht leisten können. Es wird dauern, bis mit dem Laubaustrieb und der Blüte die brutalen Wunden unsichtbar werden. Und noch länger, bis die Bäume eine ihrer Art angemessene Gestalt wiedererlangt haben.

Persönliches Baumtagebuch von Bernhard Lux: Täglich begegne ich den Bäumen auf vielfältigen Wegen. An ihrem jeweiligen Standort in der Natur, in der Lektüre von Baum- und anderer Literatur, in der alltäglichen Reflexion, der handwerklichen Arbeit und im Gespräch mit der Familie oder Freunden und Kollegen. Es ist mir ein Bedürfnis, diese themenbezogenen Beobachtungen, Interaktionen und Kommunikationen in Form des Baumtagebuchs zu dokumentieren. Seit dem 20. November 2004 habe ich keinen einzigen Tag ausgelassen – ein Zeichen dafür, dass das Baumthema und der Baum als Archetypus tatsächlich im Alltagsleben verankert ist und vielfältige inhaltliche Assoziationen ermöglicht. So mag dieses Baumtagebuch jeden seiner Leser/innen auf die Spur einer je eigenen Beziehung zu den Bäumen führen.