Die geheime Sprache der Bäume

Heute konnte ich die Lektüre des interessanten Baumbuchs abschließen. Hier ist jetzt meine Rezension:

„Erwin Thoma: Die geheime Sprache der Bäume.
Und wie die Wissenschaft sie entschlüsselt

Ein fesselndes Buch über die faszinierenden Eigenschaften von Holz ist dies, und eines über unsere Möglichkeiten, diese für ein gesünderes Leben und Arbeiten zu nutzen, das nachhaltigen Prinzipien folgt. Insofern ist der Titel eher irreführend. Natürlich sind es die Bäume, deren biologische Besonderheiten und die Abhängigkeit ihres Wachstums von planetarischen Konstellationen, die wir verstehen müssen, um deren Holz nachhaltig für Bauen und Wohnen nutzen zu können. Und auch die Wissenschaft, allen voran die Bionik, liefert immer mehr Erklärungen bzw. kann aus Erfahrung gewonnenes Wissen mit ihren Mitteln fundieren. Für beide Bereiche, die Biologie der Bäume und neuere wissenschaftliche Erkenntnisse über ihre Eigenschaften, bringt der Autor den Leser auf einen aktuellen Stand, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, aber ausführlich genug, um die Zusammenhänge z. B. der Holzernte bei abnehmendem Mond und den besonderen Qualitäten so gewonnenen Holzes nachvollziehen zu können.

Was dieses Buch so spannend macht, ist aber die Schilderung der persönlichen Beziehung, die der Autor von Kind an zu den Bäumen und ihrem Holz innehat, und vor allem des beruflichen Werdegangs, der mit dieser persönlichen Faszination untrennbar verbunden ist. So sind die Einflüsse seiner Kindheit und die gelebte Erfahrung mit den Bäumen, Wäldern und den traditionellen Verwendungen von Baumbestandteilen und Holz in seiner österreichischen Heimat sicher der Hintergrund für die spätere Arbeit als Förster. Und so ist die lebenslange Beschäftigung mit dem Themenkomplex Baum-Holz-Mensch auch eine Erklärung für die (Wieder-)Entdeckung der nützlichen Eigenschaften von „Mondholz“ und die vielfältigen Forschungen des Autors auf diesem Gebiet. Rund wird die Geschichte aber sozusagen vom Ende her. Die von Erwin Thoma gegründete und entwickelte Holzbaufirma, die mittlerweile schon über 1.000 Bauten aus Mondholz in aller Welt realisieren konnte, ist für den Leser natürlich das Beeindruckendste. Ein Mann, der auf der Grundlage vielfältiger prägender Erfahrungen, gepaart mit viel persönlichem Engagement, großer Neugier, Forschergeist und einer gehörigen Portion Risikobereitschaft seine Leidenschaft in einem erfolgreichen Geschäftsmodell aufgehen lässt, ist ungewöhnlich und wirkt durch seinen Lebensweg überzeugend. Häuser mit Wänden, Decken und Böden aus 100 % Holz, bei abnehmendem Mond geerntet, nach dem Vorbild der Natur des Baumstamms in Schichten aufgebaut, ohne Leim und nur mit Holzdübeln zusammengehalten, sind das Produkt. Kaum zu glauben, dass so mehrgeschossige Gebäude wie z. B. Hotels konstruiert werden können. Ein Baukonzept, das den Weg in eine nachhaltige Zukunft weist – mit allen positiven Implikationen für die Gesundheit der Bewohner und die Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit der Konstruktionen. Holzbauten, die vor Strahlung schützen, brandsicherer als andere Bautypen sind, stärksten Erschütterungen z. B. bei Erdbeben standhalten, und wissenschaftlich nachweisbar gesundheitsfördernd wirken. Thoma schafft es in diesem Buch, uns zu zeigen, wie wir nach dem Vorbild der Natur selbst zu einem natürlicheren Leben und Wohnen zurückfinden könnten. Es mag uns beruhigen, dass es durch diese Beispiele der Massivholzbauten bereits bewährte Umsetzungen dieses Gedankens gibt, auch wenn die meisten Gebäude heute noch mit Beton, Dämmstoffen und anderen Materialien errichtet werden, die in punkto Nachhaltigkeit, Energieeffizienz, Langlebigkeit und Gesundheitsförderung mit Holz nicht annähernd mithalten können.

Die kurzweilige und emphatische Art des Autors, seine Lebens- und Projektgeschichte zu erzählen, Zusammenhänge schlüssig aufzuzeigen und uns gewisse Perspektiven für zukunftsweisendes Bauen und Wohnen aufzuzeigen, lässt niemals den Verdacht aufkommen, die Produktwerbung in eigener Sache stehe im Mittelpunkt. Vielmehr kauft man dem Autor die Leidenschaft ab und freut sich über die Erkenntnisse, die er mit uns teilt. Der Überblick über eine Reihe heimischer Baumarten mit kurzen Steckbriefen zu Biologie, Volksmedizin, Symbolik und Holzeigenschaften erscheint mir verzichtbar. Ähnliches findet man in unzähligen anderen Publikationen zeitgenössischer Baumliteratur. Noch runder wäre die nachhaltige Erfolgsgeschichte ohne das eher aufgesetzt wirkende Schlusskapitel.

Bernhard Lux“