Den Horizont weiten

Der Dauerregen ist ganz ungewohnt, so wie es auch die anhaltende Wärme seit April war. Obwohl es niemanden begeistern kann, wissen alle doch intuitiv, dass es für die Natur dringend notwendig ist, um vor allem den Pflanzen eine zwischenzeitliche Erholung und ein Auftanken der Flüssigkeitsreserven zu ermöglichen. Und da alles mit allem zusammen hängt, werden auch wir mitziehen und uns unmerklich regenerieren. Solches bewusst zu verfolgen, setzt eigentlich ein genaues Beobachten der Umwelt voraus. In diesem Konzentrieren der Aufmerksamkeit, möglichst auch in beruflich oder privat hektischen Zeiten, sehe ich den großen Gewinn in meiner Beschäftigung mit den Bäumen. Und deshalb ist es mir auch so wichtig, die Ausbildung von Scheuklappen, die eingeschränkte Ausrichtung auf nur wenige Themen in der Kommunikation so gut es eben geht zu vermeiden. Ich denke, dass in dieser Fokussierung, die uns das moderne Arbeitsleben immer wieder zumutet, die Ursache vieler kommunikativer Übel und eine wesentliche Quelle interaktiver Ungleichgewichte liegen. Die Vorzüge der thematischen Konzentration zu nutzen und doch immer den Horizont weiter zu stecken, bei aller Hektik nicht zu vergessen, dass ,,es auch anders möglich wäre“, halte ich für eine der wichtigsten persönlichen Herausforderungen. Gleichzeitig ist es Voraussetzung für sozialen Ausgleich, im eigenen Land und erst recht im Verhältnis zwischen den Völkern und zwischen einzelnen Menschen mit unterschiedlicher nationaler und kultureller Identität.