Was mich an den Bäumen interessiert

Tatsächlich habe ich immer schon einen eher abstrakten Zugang zu den Bäumen gehabt. Will nicht etwa heißen, dass ich sie nur aus Büchern und Erzählungen kenne. Aber das Grundsätzliche war mir immer wichtiger als allzu detailbezogene Bedeutungen. Deshalb kann ich auch nicht sehr viel mit solchen Baum-Büchern anfangen, die bevorzugt besonders alte und mächtige Bäume in Deutschland und dem Rest der Welt auswählen und diese dann in Bild und Wort darstellen, oft versehen mit Daten, die die Ausdehnung, das Alter und mögliche kulturhistorische Bedeutungen betreffen. Zweifellos haben alte Bäume eine oft Ehrfurcht erzeugende Ausstrahlung, stehen für etwas, das menschliche Lebensspannen überdauert und dennoch einen engen, quasi freundschaftlichen Bezug zu diesen Leben hat. Aber sie stehen, wald- und landschaftsgeschichtlich betrachtet, so gut wie nie für die ursprüngliche Natur oder besondere Unberührtheit. Im Gegenteil, wie Hansjörg Küster und andere gezeigt haben, sind gerade die beeindruckendsten Einzelbäume ohne Jahrhunderte währende menschliche Nutzung gar nicht erst in dieser Form gewachsen. Und so wird unsere Einstellung zu Natur, häufig fokussiert in spektakulären Baum-Individuen, von wissenschaftlich nicht haltbaren, aber dennoch sich hartnäckig bis in unsere Tage haltenden Vorstellungen bestimmt. Für mich sind demgegenüber alle Bäume interessant, weil Ausdruck einer mir sehr sympathischen Existenzform. Junge ebenso wie die besonders alten, kleingewachsene ebenso wie solche mit rekordverdächtigen Höhen, säulenförmige ebenso wie knorrig-verdrehte oder gewundene. Was allen diesen unterschiedlichen Erscheinungsformen gemeinsam ist und was sie unterscheidet, beschäftigt und begeistert mich an den Bäumen. So betrachtet eröffnet sich mir in der Begegnung und Auseinandersetzung mit den Bäumen ein schier grenzenloser und sich immer wieder verändernder Raum, der mein Leben gerade wegen seines ubiquitären Charakters und seiner Zeitlosigkeit enorm bereichert.