Bäume und Erdgeschichte

Wir haben eine relativ romantische Einstellung gegenüber den Bäumen und Wäldern unserer Lebenswelt. Wenn wir den Bäumen begegnen, und sei es auch nur gedanklich, knüpfen wir viele Emotionen an diese oft so beeindruckenden Mit-Lebewesen. Im erdgeschichtlichen Rahmen betrachtet erscheinen Bäume und Wälder aber in einem noch ganz anderen Licht. Dass es vor Millionen Jahren bereits Bäume gab, die den heutigen sehr ähnlich waren, zumindest den gleichen Typen zuzuordnen waren, ist ein Grund mehr, sie mit Respekt zu behandeln. Waren sie doch schon sehr lange vor uns Menschen auf der Welt-Bühne präsent. Und haben sie doch das Entstehen des Mensch-Seins und die Kulturentwicklung des Menschen stark beeinflusst, im grundlegend biologischen Sinne zusammen mit anderen Grünpflanzen sogar erst ermöglicht. Was mich in diesem Zusammenhang absolut fasziniert und was unsere doch künstliche und kurzsichtige Einstellung den Bäumen gegenüber entlarvt, ist die wissenschaftlich fundierte Tatsache, dass die Typen vieler der Bäume, denen wir im Wald oder in Parks begegnen, im Zeitalter des Tertiär (vor 65 Millionen bis 1,8 Millionen Jahre) bereits entstanden sind, und dass diese in der Schlussphase des Tertiärs bereits den heutigen glichen. So haben etwa Magnolienbäume oder Tulpenbäume, welche wir in Deutschland heute eher als exotische Ziergehölze auffassen und deshalb fast nur in Gärten oder Parkanlagen antreffen, bereits vor mehreren Millionen Jahren im Gebiet des heutigen Mitteleuropa zur heimischen Vegetation gehört, lange bevor sie von einem Menschen überhaupt erblickt werden konnten. Wie jämmerlich muss man sich als Mensch vor diesem Hintergrund vorkommen, wenn man einem Lebewesen begegnet, dessen kollektives Art-Gedächtnis das des Menschen um riesige Zeitspannen überdauert.